Eastpak Antidote Tour in Wiesbaden

Regen Regen Regen – die 150km Fahrt von Karlsruhe nach Wiesbaden gleicht einer vorsintflutlichen Schifffahrt. Es schüttet dauerhaft wie aus Eimern, die Autobahn ist vollgestopft, unzählige Feierabendpendler neigen zu wahnwitzigen Spurmanövern. Aber die eigene Laune, die ist prächtig. Denn es geht zur Eastpak Antidote Tour, die in diesem Jahr mit den Reggae-Metallern von Skindred und den Folk-Punks von Flogging Molly als Headliner zwei absolute Livekanonen in petto hat. Ergänzt wird das Line-Up von den beiden Punk-Combos Time Again und Street Dogs. Klingt also auf dem Papier in jeden Fall vielversprechend.

Den Auftakt des Abends bestreiten Time Again, die leider Gevatter Zeit zum Opfer fallen, da Beginn Punkt 18 Uhr unter der Woche nicht machbar ist, wenn man von außerhalb kommt. Gegen 19.30 Uhr dann also Ankunft vor dem Wiesbadener Schlachthof, Überraschung, es regnet immer noch. Eine Tatsache, die allerdings das bunt gemischte Publikum, das aus Punks, Harcore’lern, Normalos und einer Hand voll Metaller besteht, nicht sonderlich zu stören scheint. Man gönnt sich vor der Tür noch einmal eine Zigarette oder einen leckeren Hot-Dog, die Atmosphäre ist entspannt, angeheitert und erwartungsfroh.

Unverständlicherweise sind Skindred als zweite Band des Abends auf der Bühne, ich hätte sie als Anheizer von Flogging Molly erwartet. Jedenfalls liefern die Jungs um Frontirrwisch Benji Webbe eine mordsmäßig energische Show ab, die gut gefüllte Halle tanzt und singt in bester Manier mit, Songs wie „Nobody“, „Rat Race“ oder „Trouble“ sind inzwischen echte Gassenhauer und schlage live ein wie eine Bombe. Vor allem der rastawirbelnde Fronter Benji hat die Leute im Griff, mal rauscht er quer über die Bühne, dann wieder lässt er Sirenengeheul und ähnliche Effekte über ein Minikeyboard vom Stapel. Definitiv ein Entertainer, der gute Mann. Und somit wundert es nicht, dass die Band vom gut aufgelegten Publikum entsprechend warmherzig verabschiedet wird.

Das Level von Skindred können die Street Dogs bei weitem nicht halten. Die Band spielt einen gemäßigten Punk irgendwo zwischen Bad Religion und den Toten Hosen, dazu ist die Performance insgesamt ziemlich hölzern und öde. Da hilft es auch nichts, dass Fronter Mike McColgan auf die Boxentürme klettert oder in jede seiner Ansagen die Worte „Wiesbaden“ und „Come On“ einfließen lässt. Noch dazu ist der Sound ziemlich bescheiden, kurzum: Die Band zieht heute Abend keine Wurst vom Teller.

Ganz anders, als das Intro von Flogging Molly ertönt. Auf einmal ist vor der Bühne rappelvoll, alles drängt sich nach vorne, die Anspannung steigt. Schon beim ersten Song rastet die gesamte Halle vollkommen aus, Pogo, Tanzen, Singen, Schreien, Bier spritzen. Sowas hat man selten erlebt. Für eine Milisekunde droht der Stimmung ein jäher Abbruch, als Sänger Dave King von einem querschlagenden Bierbecher getroffen wird. Doch der gebürtige Ire nimmts mit Humor, schimpft über die sinnlose Verschwendung des wertvollen Gerstengolds. Weiter geht die wilde Chose. Beim Publikum gibt es kein Halten mehr, Songs wie „Drunken Lullabies“, „Within A Mile Of Home“ (gemeinsam mit Mike McColgan), „Rebels Of The Sacred Heart“ oder „Tobacco Island“ führen unweigerlich zu spontanen und unkoordinierten Mob-Bewegungen. Flogging Molly präsentieren sich in unbändiger Spiellaune, unglaublich, wie schnell und präzise diese Band ihre Instrumente beherrscht. Das Publikum feiert seine Helden ausgiebig, und als nach 3 Songs als Zugabe der Rausschmeißer „Perfect Day“ über die Boxen kommt, blickt man überall in freudige, aber erschöpfte Gesichter.

Unterm Strich bleibt um kurz nach 23 Uhr die Erkenntnis, dass sich der weite Weg zum Gig auf jeden Fall gelohnt hat. Skindred und Flogging Molly sind live unbedingt zu empfehlen, die Tour von Eastpak also durchaus gelungen. Auch der Eintrittspreis von knapp 28€ ist für vier Bands und knappe fünf Stunden Konzert durchaus ok.