Epic Fail: Worst of 2011

Phobos & eleos

Ein weiteres entsetzliches Musikjahr ist vorbei, der Verdauungsprozess und die Anti-Vorfreude auf 2012 setzen langsam aber unsicher ein. Grund genug, um auf all jene Aufreger und Grausamkeiten zurückzublicken, die 2011 selbst die Schuldenkrise in den Schatten stellen konnten. Angesichts der schieren Menge an musikalischem Durchfall wurden für den Jahresrückblick der dritten Art jene Titel ausgeklammert, die bereits in die „Hall of Shame“ eingeführt wurden. In anderen Worten: „Dishonourable Mentions“ gibt es für „Whip My Hair“ von Willow, „Dreh den Swag auf“ von Money Boy, „This Is My Time“ von Ardian Bujupi und „Goin‘ To L.A.“ von Pietro Lombardi.  Was bleibt? Die Top 20, die ekelhaften Aufreger, „Worst of 2011“, die „Krone der Erschöpfung“. Hit the ‚music‘.


20. Manuel Hoffmann – Hott
Den Auftakt macht einer von vielen Castingshow-Kandidaten. Manuel Hoffmann schaffte es 2010 bei „Deutschland sucht den Superstar“ auf das Treppchen, nur um dann in die Bedeutungslosigkeit zu verschwinden – ein Schicksal, das er mit 90% der Bratzen teilt. Einen künstlich heraufbeschworenen Fotoskandal später erschien im März „Hott“ ohne jegliche Promo… und ging ebenso unbemerkt unter. Gesanglich akzeptabel, soll das zweite T im Songtitel wohl ein wenig Schmutz mit sich bringen, wofür jedoch die dreckige Else am CD-Cover mehr als ausgereicht hat. Mittlerweile ist Hoffmann beim US5-Klon The United untergekommen, wo ihm zumindest die abgestumpften Durchfall-Synthies seiner Solosingle erspart bleiben dürften, andere Schweinereien wohl aber kaum.

–> Hörprobe „Hott“ einblenden <–


19. Clara Louise – Black Veil
Aufmerksame Leser erinnern sich möglicherweise an Claras „Carnival In Germany“ aus dem Vorjahr – ein stimmlicher Bauchfleck par excellence. Nun der Neustart als Clara Louise ohne jegliche Erwähnung ihres floptastischen letzten Jahres – sind sie nicht clever, diese Plattenfirmen? Gebracht hat es ‚The Artist Formerly Known as Clara‘ jedoch herzlich wenig. In „Black Veil“ streift sie durch Salzburg und betoucht alte Gemäuer, die sich nicht wehren können (für Heesters-Witze ist es noch zu früh, oder?). Im Refrain dieser Blutzucker-Albtraum-Ballade fragt sie sich: „Why am I bleeding inside?“. Schätzchen, dafür gibt es doch Tampons.

–> Video „Black Veil“ einblenden <–


18. Menowin – Waiting For Christmas
Raus aus dem Knast, rein in die Charts: Wenn Menowin Fröhlich mal eben auf freiem Fuß ist, lässt er sich von seinen ‚Fans‘ mit ‚eigener Musik‘ in die Top 30 kaufen. War bereits „If You Stayed“ alles andere als neu, so bedient sich „Waiting For Christmas“ nun heftig bei „Can Somebody Tell Me Who I Am“ von Orange Blue. Parallelen zwischen Fröhlichs krimineller Vergangenheit und dem offensichtlichen Musik-Klau sind selbstverständlich reiner Zufall. Das wahre Verbrechen ist dabei nicht etwa, dass Orange Blue wieder ausgegraben wurden, sondern der überkandidelte Schmalz inklusive Freilassungs-Szene. Zu Weihnachten, so die Message, möchte der ehemalige DSDS-Kandidat ein neues Leben starten. Ein neues Team an Songwritern zu engagieren, wäre möglicherweise ein guter Anfang.

–> Video „Waiting For Christmas“ einblenden <–


17. Lucenzo feat. Don Omar – Danza Kuduro
Die Suche nach dem Sommerhit 2011 war eine spannende Angelegenheit, wenn auch nicht in musikalischer Hinsicht. Vorne mitgespielt haben Lucenzo und Don Omar mit ihrem „Danza Kuduro“ aus dem Soundtrack zu „Fast And Furious 5“ (ein Euphemismus dafür, wie sich Lou Pearlman seine Boybands gefügig machte). Für das dazugehörige Video ging es aufs offene Meer, leider inklusive Rückfahrschein und Textzeilen wie „Oi-joi-joi-joi“ – der Lockruf für jüdische Mütter im Schlussverkauf weltweit. Natürlich chillt man mit den obligatorischen Ischen aus dem Hause ‚Rent-a-Bitch‘ – dicke Möpse und Party gehen bekanntermaßen Hand in Implantat, wie auch der nächste Song zeigt.

–> Video „Danza Kuduro“ einblenden <–


16. TWiiNS feat. Carlprit – Boys Boys Boys
Dankenswerterweise scheiterten die slowakischen Zwillingsschwestern Daniela und Veronika Nízlová im Halbfinale des Eurovision Song Contest 2011 (im Gegensatz zu Platz 6 dieser Liste), eine zweite Performance von „I’m Still Alive“ blieb Europa erspart. Ebenso untergegangen ist „Boys Boys Boys“, ihr Sabrina Salerno-Cover. Selbst mit Computer-Bearbeitung bleibt der Gesang ähnlich dünn wie die Karrieren der beiden, während Carlprit – Gerüchte, er hätte seinen Namen durch das Schnüffeln einer bestimmten Kleber-Marke gefunden, ließen sich zu Redaktionsschluss nicht bestätigen – einmal mehr beweist, dass ‚Flow‘ bei manchem Rapper mit ‚verbalem Dünnpfiff‘ gleichzusetzen ist.

–> Video „Boys Boys Boys“ einblenden <–


15. Chthonic – Takao
Black Metal ist bekanntermaßen Krieg, mittlerweile aber auch ein weltweites Phänomen. Schwarze Klänge made in Taiwan gefällig? Chthonic sind wahre Legenden in ihrer Heimat, was sie natürlich nicht darin hindert, sich abwechselnd seltsame Masken aufzusetzen und affiges Corpsepaint ins Gesichts zu schmieren. Dabei ist die Musik in „Takao“ nicht einmal ganz so gruselig – die Mischung aus traditionellen Folklore-Instrumenten und symphonisch-metallischem Durchfall ist natürlich unheimlich anspruchsvoll – doch obskure Kampfszenen, Tränen und vergilbte Fotos sind in etwa so authentisch wie die erste „Popstars Österreich“-Staffel. Und mindestens so niveauvoll. Statt brennende Kirchen gibt es 2011 brennende Samurai-Rosetten.

–> Video „Takao“ einblenden <–


14. Sarah Engels & Pietro Lombardi – I Miss You
Muss man Pietro Lombardi eigentlich noch einen eigenen Eintrag widmen? Hat nicht die unheilige Allianz mit Ardian Bujupi für ein ganzes Jahr gereicht? Hell no, denn gemeinsam mit „Freundin“ Sarah Engels (selbst Elton John war einst mit einer Frau verheiratet) stottert sich der DSDS-Gewinner durch eine Art Cover-Version von „Dilemma“, natürlich Vocoder-geschwängert, schmalzig und mit zumindest lyrischen Ergüssen (Er: „You broken my heart“; Sie: „Yeaaaahhh!“) gesegnet. „Pietro-Style“ ist es ja bekanntermaßen, wenn man möglichst debil in die Kamera grinst und dabei konsequent an der Tonleiter vorbeijault. Diese Idee kann nur von Dieter Bohlen kommen.

–> Video „I Miss You“ einblenden <–


13. Die Atzen / Frauenarzt & Manny Marc – Party Chaos
Auch über Die Atzen wurde eigentlich schon genug geschrieben, was Dr. Stefan Frank und den Moneten-Proleten nicht daran hindert, weiterhin Singles zu veröffentlichen. „Wir sind nicht wie die anderen, denn die anderen haben uns nachgemacht“ – gewohnt tiefgründig und hochgradig philosophisch gibt man sich in „Party Chaos“. Zu gewohnt subtilen Basslines fassen die Großraumdisco-Hofnarren ihre Mission in einem gewohnt aussagekräftigen Refrain zusammen: „Party, dödödödödö! Chaos, dödödödödö!“ – und warum auch nicht? „Boom, Boom, Boom, Boom!“ und „Ob-La-Di, Ob La-Da“ waren schließlich auch Welthits. Außerdem: Wer so großartig Sonnenbrillen in einer kleinen Wohnung tragen und mit einer Paintball-Knarre auf einen Fernseher schießen kann, dem kann Deutschland nicht genug sein.

–> Video „Party Chaos“ einblenden <–


12. Kim Gloss – Wir spielen zusammen (Weltmeister werden)
Die Frauen-Fußball-Weltmeisterschaft 2011 lieferte eine Unmenge an Steilvorlagen für Flachwitze („Nach Rasen-Schach sieht das aktuell nicht aus – maximal Dame“), unscheinbare Handspiele und indiskutable Kommentatoren-Leistungen (Japans Titel wurde unter anderem als „Erdrutsch-Sieg“ bezeichnet). Viel großartiger ist jedoch der Fundus an beknackten WM-Songs, der locker die kompletten Top 20 hätte füllen können. Glamour-Casting-Supernova Kim Gloss versuchte sich erfolglos an der deutschen Sprache, Popo wackeln und (Fuß-)Ballbehandlung. Szeneapplaus gibt es für den Versuch, „Regenschauer“ auf „Power“ zu räumen. Kommendes Jahr ist der wandelnde Schminktisch im Dschungelcamp zu sehen – eine zu erwartende im Anschluss veröffentlichte grausame Single könnte in 366 Tagen an dieser Stelle zu finden sein.

–> Video „Wir spielen zusammen (Weltmeister werden)“ einblenden <–


11. Urbanize – Rad der Zeit
2011 war mit Sicherheit das Jahr des Altbackenen. Nicht nur, dass sich Fred Durst mit Limp Bizkit zurück in die Charts geflucht und nebenbei Autotune endgültig zerstört hat, auch eine Art Rapsoul-Revival fand statt. Urbanize coverten 2007 Welthits mit zwei Rappern und Sängerin, präsentierten sich bei „X-Factor“ von ihrer besonders üblen Seite und sind nun mit Bohlen-Ausschussware (read it and weep, Lombardi) Isabel Soares unterwegs, deren „Will My Heart Survive“ tatsächlich gehaltvoller als die gemeinsame Single „Rad der Zeit“ war. Soares sind nun an Deutsch und verwendet das Wort „sauschwer“, vermutlich ein kleiner Flashback an ihre Hartz-IV-Zeit. Die Raps sind natürlich extremst Gangsta und voll deep (ey), der Schmalz trieft aus allen Poren. Erinnerungen an die Mini-Playback-Show werden wach.

–> Video „Rad der Zeit“ einblenden <–


10. Der Checker – Discoking
Schon steht die nächste Casting-Bratze bereit – die Häufigkeit derlei Absonderlichkeiten spricht nicht gerade für die deutsche Musiklandschaft. Thomas Karaoglan nervt als Checker, hat aber immerhin den Zusatz „Der Vollstrecker“ aus seinem Namen gestrichen. Das dürfte auch nicht weiter verwundern, denn wer einmal mit dem Exekutor und Peter Zwegat Bekanntschaft gemacht hat, will sich nicht mehr daran erinnert fühlen. Als Ballermann-Poser „tanzt“ er durch „Discoking“ mit deutlicher Schlager-Schlagseite (leider aber ohne Kontakt mit dem dazugehörigen Schlagring zu machen). Mittendrin setzt es billig produzierte Dance-Tracks der US-amerikanisch prolligen Marke, dazu wird mit den Hüften gekreist und sich an unwillige Ischen rangemacht. Und das, während er auf einer kleinen Leiter balanciert – was für ein Typ.

–> Video „Discoking“ einblenden <–


09. LMFAO – Sexy And I Know It
LMFAO, das steht in der Chat-Welt für „laughing my fucking ass off“. Da es für Redfoo und Sky Blu jedoch weder zu Geschlechtsverkehr, noch zu wackelnden Popos reicht und einzig ihre Frisuren für Gelächter sorgen, muss man sich mit wummernden Bässen beliebt machen. Natürlich ist „Sexy And I Know It“ bei den beiden Two-Baggern (ein Sack über den Kopf bei sich selbst, einer für die Partnerin, die aus verständlichen Gründen nicht erkannt werden will) Selbst-Ironie im Spiel, wenn man den eigenen Sack im Takt schüttelt. Natürlich appellieren die schneidenden Synthies an die niedrigsten Instinkte (bzw. Brüste), natürlich eignet sich der Track perfekt zur Balz in der Disco. Ebenso könnte man sich auch einfach die Arschbacken mit einer heißen Nadel zunähen. 180 Millionen Klicks auf Youtube sprechen eine viel zu deutliche Sprache.

–> Video „Sexy And I Know It“ einblenden <–


08. Liebesfräulein – Spiel mit Stil
Frauen-Fußball-Weltmeisterschaft, die Zweite: Die sechsköpfige Band LiebesFräulein aus Dresden trieb die deutsche Mannschaft direkt ins Ausscheiden gegen die Japanerinnen – verständlich, denn dauerhafte Rotation von „Spiel mit Stil“ funktioniert besser als jedes Abführmittel und wurde Gerüchten zufolge bereits von der Wettmafia instrumentalisiert. „Von wegen Schnuller und Kochtopf !!!! (sic)“ – Hausfrau und Mutter Claudia bewirbt ihr Team mit Worten, die nach einem Sandwich und Mutter- bzw. Hörerschutz auf Lebenszeit schreien „Wir spielen klug, wir spielen frech, denn wir sind das starke Geschlecht!“ – markige Worte, die eindrucksvoll illustrieren, warum Roland Barthes vor mehr als vier Jahrzehnten den „Tod des Autors“ verlangte; ausnahmsweise nicht im übertragenen Sinn.

–> Video „Spiel mit Stil“ einblenden <–


07. Sak Noel – Loca People (What The F**k!)
Nach LMFAO nun also WTF bzw. „What The Fuck“: Auch der spanische DJ Sak Noel versuchte sich in den Sommerhit-Zirkus einzumischen, ein Charteinstieg gelang jedoch erst im September. WTF?, dachte er sich da wohl, dürfte seine Labelmenschen als „Loca People“ bezeichnet haben. Die tatsächliche Tragödie ist jedoch, dass dieser Song veröffentlicht wurde mit einem Video, bei dem der Spanier selbst Regie führte und in dessen Credits von „Acting“ die Rede ist. Viel interessanter wäre es jedoch zu wissen, wem diese herrlich sinnlosen Untertitel eingefallen sind („You prefer to drink… nice…“). Immerhin war man konsequent und hat die Lyrics ebenso sinnlos belassen. Der Sinn des Songs? Irgendjemand muss die Atzen ja gut aussehen lassen…

–> Video „Loca People (What The F**k!)“ einblenden <–


06. Loukas Giorkas feat. Stereo Mike – Watch My Dance
Was war das für ein Spektakel in Düsseldorf – gesangliche Höchstleistungen, null Selbstverliebtheit auf Seiten Stefan Raabs und ein absolut verdienter Sieger. Noch mehr Sarkasmus gefällig? „Watch My Dance“ ist ein großartiger Song, der es vollkommen zurecht auf Platz 7 geschafft hat. Loukas, ick trag dir sogar noch eins rauf, aber nicht etwa, weil du so toll singen kannst und dabei die griechischen Traditionen wie kein Zweitletzter vertrittst. Der wahre Star ist Rapper Stereo Mike, für den man sich alte Mono-Aufnahmen zurückwünscht. Selbst The Real McCoy schämt sich für diese Zeilen, langweiliger kann eine Stimme kaum sein. Wenn das Mikeys Rap ist, wie klingt dann erst seine Sprechstimme? Ekliger waren nur die Buhrufe in Düsseldorf und die Griechenland-Berichterstattung der Zeitung mit den vier Buchstaben.

–> Video „Watch My Dance“ einblenden <–


05. Queensberry – Chipwrecked
Im Gegensatz zu ihren Nachfolgern – Some & Any und LaVive, anybody? – sind Queensberry immer noch aktiv, auch wenn man sie kaum wahrnimmt. Nachdem ihre beiden letzten Singles 2009 immerhin noch in den Top 5 waren, wollte man fortan die USA erobern mit diversen Soundtrack-Beiträgen. Das Ende vom Lied? Vor eineinhalb Jahren mussten zwei Mitglieder durch namenlose Klone ersetzt werden. Im Dezember gab es gleich zwei neue Singles, die beide untergegangen und mindestens gleich grausam sind. Was ist denn nun furchtbarer? „Celebrate“, ein Kitschtrack mit Wegwerftext zu „Holiday on Ice“, oder doch das quietschbunte „Chipwrecked“ zum neuen „Chipmunks“-Streifen? Für den Film gibt es immerhin Billo-Beats, Choreographien für Bewegungslegastheniker und ganz viel „la la la“. Außerdem: Mit dem aufgesetzten Gelächter im dazugehörigen Video hat man sich eigentlich einen Ehren-Bambi verdient. Peter Maffay möchte sich schließlich wieder von jemandem distanzieren.

–> Video „Chipwrecked“ einblenden <–


04. The RIO Girls – Scissors
Schon wieder gleich zwei furchtbare Singles, die sich beinahe einen Platz teilen könnten. Das Konzept hinter The RIO Girls ist aber auch perfekt für diese Rubrik geeignet: Models versuchen sich an Musik und nehmen sich eine weitere sinnlose Erscheinung als medienwirksamen Support. Im Gegensatz zu einem bestimmten DSDS-Pärchen soll die Liebe bei „Sängerin“ Bonnie Strange und „Kinostar“ Wilson Gonzalez Ochsenknecht aber echt sein. Immerhin: Auf rein musikalischer Ebene profitieren die seltsamen Bohnenstangen (get it?) überhaupt nicht. War schon „Neonlights“ furchtbar, so ist „Scissors“ ein neuer Tiefpunkt. Durchsichtige 80er-Beats – passend zur Figur der Damen – treffen auf abtörnend gehauchte Vocals und ein wenig französisches Gestammel, während man am Strand posiert. Schade eigentlich, dass der ursprüngliche Titel „Scissors (I’m Running With)“ nicht beibehalten wurde – besser geht’s kaum.

–> Video „Scissors“ einblenden <–


03. Carmen Geiss – Jet Set
Ähnlich wie bei Daniela Katzenberger im vergangenen Jahr war auch 2011 der Weg vom Reality-TV zur eigenen Single nicht weit. Carmen Geiss ist eine besonders reiche Kölnerin zwischen Monaco und Saint-Tropez, die gerne shoppen geht und mit absonderlichen Lauten nach ihrem Sugar Daddy (alternativ auch „Ehemann“) schreit. „Jet Set“ heißt der Song, in dem sie die Probleme ihres ach so beschwerlichen Lebens („Soll ich den Hummer nehmen, den Bentley oder den Royce?“) beschreibt. Dabei spart nicht mit kritischen Worten („Mach dich ma locker“) und beweist, dass „Barbra Streisand“ tatsächlich ohne Lyrics besser klang. Ist das hier etwa tatsächlich“der Börna“, wie Geiss immer wieder erklärt? Wenn sie damit auf rebellierende Hämorrhoiden anspielt – möglicherweise. Plastik regiert eben immer noch die Welt.

–> Video „Jet Set“ einblenden <–


02. Geri der Ex-Klostertaler – Die Hände hoch
Nach schwer nachvollziehbaren 34 Jahren Bandgeschichte lösten sich Die Klostertaler im August 2010 und weckten damit leise Hoffnung, dass die Welt durch nicht untergehen würde. Und dann, ja dann startete Gerhard Tschann seine Solokarriere. Damit ihn seine alten Fans auch erkennen, hat er sich das Pseudonym „Geri der Ex-Klostertaler“ zugelegt – ein Brüller! Was man von seiner Single „Die Hände hoch“ erwarten kann? Natürlich einen Bierzelt-Hit mit Sounds, die selbst Dieter Bohlen und DJ Ötzi peinlich wären, dazu ein Animateur-Text („Die Hände hoch, wir klatschen alle los. Erst pfeife ich, dann du, dann zwinkern wir uns zu.“), der andauernd wiederholt wird. Wofür benötigt man auch echte Lyrics, wenn man denselben Bottich Erbrochenes immer und immer wieder brabbeln kann? Besser ist eigentlich nur das Publikum im dazugehörigen Billo-Video, das der Choreographie nur durch kaum auffällige Schnitte folgen kann. Gerüchten zufolge musste Tschann eine längere Pause einlegen, nachdem er auf offener Bühne mit Unterwäsche, Keuschheitsgürteln und Gehhilfen beworfen wurde.

–> Video „Die Hände hoch“ einblenden <–


01. Jay Khan – Nackt
Jetzt mal unter uns: Die bisherigen 19 Songs waren furchtbar, aber Jay Khan befindet sich in einer ganz eigenen Kategorie jenseits jeglicher Klassifizierung. Nach seinem medienwirksamen Verweilen im Dschungelcamp nebst angeblicher Scheinbeziehung und Spekulation über seine Sexualität nahm der (ehemalige?) US5-Sänger eine Single in deutscher Sprache auf. „Nackt“ klingt in etwa so, als würde Oli.P bei Tears For Fears einsteigen, was für ein Boygroup-Mitglied natürlich Bände spricht. Das lang gezogene „Wir sind naaaackt“ im Refrain sorgt für unfreiwillige Komik, ebenso der leicht verstörende Striptease im dazugehörigen Video. Klar ist der Song Bockmist, klar wirken die Lyrics überzogen, peinlich und in etwa so authentisch wie, nun ja, Khans Performance im Dschungelcamp (womit man ihm zumindest eine gewisse Konstanz zugestehen muss). Unverzeihlich sind jedoch die ersten Sekunden, in denen er die berühmte „I have a dream“-Rede von Martin Luther King zitiert. Das wäre in etwa so, als würde sich ein weißrussischer Präsident eine Lobeshymne auf den Leib schneidern lassen und zum Eurovision Song Contest schicken. Peinlicher geht es kaum, aufdringlich-plakativer ebenso nicht. Manchmal, ja manchmal glaubt man doch, dass es besser wäre, wenn die Welt 2012 tatsächlich untergehen würde.

–> Video „Nackt“ einblenden <–