Y’akoto – Babyblues

Y'akoto

Vor mittlerweile sieben Monaten stelle sich Jennifer Yaa Akoto Kieck, Tochter eines Ghanaers und einer Deutschen, auf ihrer EP „Tamba“ musikalisch vor und sorgte mit ihrem smoothen, souligen Sound für (noch) verhaltene Begeisterung. Jegliche Zweifel, ob das dazugehörige Debütalbum daran anknüpfen können würde, erweisen sich nunmehr glücklicherweise als unbegründet: „Babyblues“ macht Joy Denalane und Nneka nicht nur Konkurrenz, es überflügelt die beiden Damen sogar mit beeindruckender Leichtigkeit und schielt an die internationale Genre-Spitze. Dabei macht es sich die 23jährige Hamburgerin alles andere als einfach, setzt auf reduzierte Sounds und etappenweise schwer verdauliche Inhalte, unter anderem in Co-Produktion mit Mocky und Max Herre entstanden.

Das bereits bekannte „Tamba“ behandelt das Schicksal eines afrikanischen Kindersoldaten mit brüchiger Stimme und großen Emotionen – ein in Zeiten des alles andere als umstrittenen „Kony 2012“-Videos bedrückend aktuelles Thema, ummantelt von weichen Vocals, Piano-Klängen und Trauerstimmung. Vor diesem Requiem erinnert die aktuelle Single „Diamonds“ an die besten Solo-Zeiten von Lauryn Hill. Gerade die Leichtigkeit, mit der sich Y’akoto in den Refrain tragen lässt, begeistert. Auch „Talk To Me“ und „Truth“, die weiteren Tracks der vorab veröffentlichten EP, haben es auf das Album geschafft und schlagen sich immer noch hörbar gut.

„Babyblues“ lebt von den scheinbar plötzlichen, ohne Vorzeichen auftretenden Stimmungswechseln, die gewissermaßen die Unberechenbarkeit der menschlichen Existenz symbolisieren. „Good Better Best“ mit seiner hymnischen Gesangsmelodie und der prägnanten Akustik-Gitarre tröstet, das A cappella-Stück „Sitting Round The Table“ , das von einer Frau berichtet, die bei einem Erdbeben ihren Mann und ihr Neugeborenes verlor, jagt kalte Schauer über den Rücken. Irgendwo dazwischen experimentiert „Bodymovements“ mit einem pumpenden Basslauf und Afrobeat-Elementen, wirkt wie ein verhinderter verschwitzter Club-Track. „What Makes You Strong“ hingegen klingt wie ein ruhigeres, geerdeteres Follow-Up zu Des’rees „Life“.

Vermeintlicher Höhepunkt ist jedoch der Quasi-Titeltrack „Y’akoto’s Babyblues“. Bewegender, hochgradig persönlicher Text, schwerfällige Piano-Klänge, Trotz-Haltung, knorriger Blues und unsichtbare Streicher machen diese 193 Sekunden zum besten Beweis dafür, warum Y’akoto so wichtig ist für die deutsche Soul-Landschaft. Für ihr zartes Alter hat die gebürtige Hamburgerin hörbar viel erlebt, spielte in den verschiedensten Bands und wuchs unter anderem in Ghana, Kamerun, Togo und dem Tschad auf. „Babyblues“ klingt nach Lebenserfahrung, nach einer ausgeprägten Leidenschaft für Musik und der Suche nach der eigenen (musikalischen) Identität in einer großen, schwer zu verstehenden Welt. Y’akotos Debüt ist der (gegenwärtigen) Heimat längst entwachsen und kann es durchaus mit US-amerikanischen Größen aufnehmen, schielt sogar gen Erykah Badu und Lauryn Hill. Um sich ein wenig weiter aus dem Fenster zu lehnen: Mit einer besseren Soul-Platte ist in diesem Jahr kaum zu rechnen.

VÖ: 30.03.2012
Kamè Entertainment (Warner Music)

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