Led Zeppelin – Celebration Day

Led Zeppelin

Für und gegen das Vergessen: Am 10. Dezember 2007 fand das Ahmet Ertegun Tribute Concert zu Ehren des verstorbenen Atlantic Records-Gründers und Led Zeppelin-Förderers Ahmet Ertegün in der Londoner O2-Arena statt. Unbestrittenes Highlight des Abends: Led Zeppelin, die sämtliche Mini-Reunions der vergangenen zwei Dekaden (darunter die nach Angaben der Band furchtbaren „Live Aid“- und „Atlantic Records 40th Anniversary“-Auftritte) vergessen machen sollten. Mehr noch, erstmals seit dem Tod von Schlagzeuger John Bonham 1980 wollte man ein komplettes Konzert spielen – mit dessen Sohn Jason an den Drums. Der Gig sollte ein voller Erfolg werden und erscheint nun, fast fünf Jahre später, unter dem Titel „Celebration Day“ auf CD, DVD und Blu-ray.

So suboptimal die Vorzeichen auch waren – das Konzert musste aufgrund eines gebrochenen Fingers von Jimmy Page um zwei Wochen verschoben werden – so eindrucksvoll ist das Resultat, bevorzugt auf bewegten Bildern nachzuverfolgen. Nach einem kurzen Intro, wohl ein US-Fernsehbericht über die Band in den 70ern, trommelt Andy Parsons-Lookalike Jason Bonham – das Setup seines Schlagzeugs erinnert an wenig an das seines Vaters – mit Sonnenbrille und Headset-Mikro das Intro zu „Good Times Bad Times“; ein Song, den er, wie auch „Misty Mountain Hop“, mit Backings versieht. Zu Beginn stottern Led Zeppelin noch ein wenig, doch mit Pages erstem Solo wirken diese Unsicherheiten wie weggeblasen. Mit „Ramble On“ und dem mächtigen „Black Dog“ holen die Briten selbst die letzten Skeptiker auf ihre Seite. Robert Plant meldet sich mit einem knappen „Good evening“ kurz zu Wort und atmet tief durch. Den Start hätten die Herren schon mal gemeistert.

Was nun folgt, ist eine wahre Machtdemonstration, eingeleitet durch das mehr als zehn Minuten lange „In My Time Of Dying“, das vor allem von Pages Slide-Gitarre lebt, und der Live-Premiere von „For Your Life“, das drei Dekaden nach dem Erscheinen auf „Presence“ doch noch den Weg auf die Bühne findet. Nicht nur musikalisch, auch visuell wird man Jahrzehnte zurück in die Vergangenheit katapultiert. Die messerscharfen HD-Bilder werden immer wieder von einer Mischung aus körnigem Handykamera-Zoom und Vintage-Effekten unterbrochen, die zu den klassischen TV-Aufnahmen der Band passen. Die Generation Instagram wird es Led Zeppelin danken. Für „Trampled Under Foot“ wechselt John Paul Jones erstmals ans Keyboard und zeigt mit seinem federleichten Spiel, warum er, nicht umsonst, als musikalisch vielseitigstes Mitglied der Band gilt.

Natürlich sind alle Leckerbissen dabei: der Geigenbogen in „Dazed And Confused“ (einer jener Songs, so Plant, den man spielen müsse), das Theremin in der mächtigen ersten Zugabe „Whole Lotta Love“, die Mundharmonika in „Nobody’s Fault But Mine“ und die zwölfsaitige Gitarre, die Page für das unvermeidbare „Stairway To Heaven“ ausgräbt. „It’s been a long time since I rock and rolled“, singt Robert Plant im abschließenden „Rock And Roll“, der zweiten und finalen Zugabe, und trifft damit den Nagel auf den Kopf. „Verdamp lang her“, würden BAP vielleicht sagen. Und doch fühlt es sich, auch nach all den Jahren, immer noch gut an. Höhepunkt ist zweifelsohne „Kashmir“, ein mehr als acht Minuten langes Monster, getragen von Bonhams druckvollen aber doch luftigen Drums, der ikonischen Keyboard-Melodie Jones‘, Gitarren-Bombast und erhabenem Gesang. Spätestens hier, gab man zu Protokoll, fühlte man sich auf der Bühne wieder wie Zuhause.

Ohne Frage: „Celebration Day“ hat seinen Namen verdient. Überraschungen gibt es, abgesehen von der Live-Premiere von „For Your Life“, keine, und doch fehlen unendlich viele Songs, was angesichts des mächtigen Backkatalogs von Led Zeppelin nicht verwundern dürfte. Sie hätten locker vier Stunden spielen können. Kritik in Bild und Ton gibt es keine, es regiert visuelle Perfektion, selbst kleinere Spielfehler sind zu erkennen, die sympathischerweise belassen wurden. Ergebnis ist ein authentisches, leidenschaftliches Package, wie es einer der größten Rockbands aller Zeiten für ihr höchstwahrscheinlich letztes Konzert würdig ist. „Hey Ahmet, we did it!“, entfährt es Plant nach „Stairway To Heaven“. Sie haben es tatsächlich getan, sie haben sich rehabilitiert. Der Vorhang fällt.

Led Zeppelin - Celebration Day

Celebration Day
VÖ: 16.11.2012
Swan Song / Atlantic Records (Warner Music)

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