Volbeat – Outlaw Gentlemen & Shady Ladies

Volbeat

Jahre harter Arbeit haben Volbeat an die Spitze der (nicht mehr ganz so) jungen Garde des Rock und Metal gebracht. Ihr letztes Album „Beyond Hell/Above Heaven“ bedeutete den Durchbruch für die Dänen, schaffte es in Deutschland in die Top 3 und erreichte Platin, die dazugehörige Live-Platte konnte sich ebenfalls in den Top 10 platzieren. Nach der Trennung von Lead-Gitarrist Thomas Bredahl – live wurde man von Mercyful Fate-Veteran und Band-Intimus Hank Shermann unterstützt – ging man als Trio ins Studio unter der Aufsicht von Jacob Hansen und Ex-Anthrax-Saitenhexer Rob Caggiano. Letzteren konnte Frontmann Michael Poulsen schließlich dazu überzeugen, fix bei Volbeat einzusteigen. Nicht nur deswegen sind die Erwartungen an „Outlaw Gentlemen & Shady Ladies“ besonders hoch.

Musikalisch stellt man sich breit auf und bemüht sich, die verschiedenen Einflüsse und Stile unter einen Hut zu bekommen. Es dürfte kaum verwundern, dass das fünfte Volbeat-Studioalbum nach dem ersten Durchlauf überfordert. Ebenso wäre es fatal, von der ersten Single „Cape Of Our Hero“ Rückschlüsse auf die Qualität der gesamten Platte zu ziehen. Wie das bei Auskopplungen der Dänen oftmals der Fall ist, regieren Konsens und Rock-Radio-Freundlichkeit, wobei der Song mit jedem Durchlauf zu wachsen scheint. Die im Refrain eingesetzten klaren Gitarren tauchen an verschiedenen Stellen des Albums auf, beispielsweise im mächtigen Opener „Pearl Hart“, der eingängige Melodik mit Biss und Heavyness kombiniert. In „The Hangman’s Body Count“ bedient man sich ebenfalls dieses Stilmittels, abermals von Riffbreitseiten umgeben. Diese Kombination von Härte und Harmonie geht in den meisten Fällen auf.

Problematisch wird es am ehesten gegen Mitte des Albums, die an den starken Auftakt und das ähnlich mächtige Finale nicht anknüpfen kann. Das Duett „The Lonesome Rider“ mit Sarah Blackwood von Walk Off The Earth soll den Country-Einflüssen der Dänen – das Album widmet sich der einen oder anderen Persönlichkeit des Wilden Westens – Tribut zollen, wirkt jedoch ähnlich fehlt am Platz wie „My Body“, im Original von den Pop-Punkern Young The Giant. Die Volbeat-Version klingt nach gutem alten US-Hard-Rock, fällt jedoch ähnlich überflüssig aus wie „The Sinner Is You“, ein typischer Filler, der zwar nicht weh tut, wohl aber als B-Seite besser aufgehoben gewesen wäre.

Natürlich haben Michael Poulsen und Konsorten ausreichend schlagende Argumente, um solche Durchhänger zu egalisieren. „Doc Holliday“ ist ein klassisches Metal-Powerhouse, das für den Refrain Banjos auspackt – ungewöhnliche Kombination, insgesamt eine Bereicherung. „Dead But Rising“ hat Haare auf den Zähnen, entpuppt sich als urtypische Volbeat-Hymne, die im Chorus abhebt, rundherum dafür ein brachiales Riffgewitter abfeuert. Und dann ist da noch „Room 24“, einer der besten Songs, den die Dänen je aufgenommen haben. Als Gastsänger konnte man keinen Geringeren als King Diamond gewinnen, der seine Zeilen auch gleich selbst geschrieben hat. Das behäbige, doomige Intro und Outro sind als klare Referenz an Mercyful Fate zu sehen, bereits beim gespenstischen „Uhhhh“ laufen einem kalte Schauer über den Rücken. Diamond und Poulsen ergänzen sich prima, der knüppelharte, klassisch metallische Track weist gleich mehrere Höhepunkte auf und punktet mit mehreren kleineren Soli, in denen sich Caggiano austoben kann.

Bleibt unterm Strich – ja, was denn eigentlich? „Outlaw Gentlemen & Shady Ladies“ ist tatsächlich das musikalisch abwechslungsreichste Album der Dänen, spannt den Bogen von energischem, dezent angethrashten Metal über klassischen Hard Rock bis hin zu Country und Halb-Ballade. Mit einem Durchgang ist das fünfte Volbeat-Album nicht annähernd erfassbar, man muss sich tief hineinknien, sich diese Platte erarbeiten. Potentielle Klassiker gibt es mehrere, die King Diamond-Kollaboration könnte zum schaurig-schönen Evergreen werden, aber gerade der Durchhänger gen Halbzeit und die insgesamt etwas schwächere zweite Albumhälfte drücken die Wertung. Volbeat haben ihren Sound längst gefunden und suchen dennoch fleißig weiter – gleichermaßen Wohltat und gelegentliches Ärgernis.

Volbeat - Outlaw Gentlemen & Shady Ladies

Outlaw Gentlemen & Shady Ladies
VÖ: 05.04.2013
Vertigo Berlin (Universal Music)

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