Interview mit Lindsey Stirling

Lindsey Stirling

Das klassische Violinenspiel hat sie von Kindesbeinen an erlernt. Heute lässt sie es eine elektronische Transformation erfahren. Lindsey Stirlings innovative Violinenkunst erobert gerade die Welt. Die dynamischen Töne ihrer Saiten erklingen zur ungewöhnlichen Orchestrierung von Dubstep Rhythmen. Eine fruchtbare Mischung, wie knapp 300 Millionen Aufrufe des YouTube-Kanals der 26-jährigen Kalifornierin und „America’s Got Talent“-Viertelfinalistin unterstreichen. Choreographie und Charme katapultierten Stirlings Debütalbum im Frühjahr bereits auf Platz vier der deutschen Albumcharts. Im lockeren Interview spricht das Energiebündel über Aufstieg, Selbstzweifel, Ausdauer und ihre Musik.

Lindsey, derzeit befindest du dich auf US-Tour, ehe im Sommer weitere Konzerte in Europa anstehen. Bist du zufrieden, wie die Dinge aktuell laufen?

Ich fühle mich unglaublich gesegnet. Es ist wunderbar, die Welt zu bereisen, tolle Leute zu treffen und meine Liebe zur Musik zu teilen. Ich könnte nicht glücklicher sein.

In Amerika und auf YouTube bist du bereits sehr bekannt. Vor zwei Monaten erschien dein selbstbetiteltes Debüt-Album hierzulande. Wie fühlt es sich an, die eigene Musik in mehr und mehr Ländern weltweit zu veröffentlichen?

Es macht mich sehr bescheiden. Ehrlich gesagt, es ist unglaublich. Ich habe fantastische Fans auf der ganzen Welt, die nicht nur meine Videos auf YouTube sehen und dort meine Musik hören wollen. Sie kommen auch, um meine Auftritte zu erleben. Ich fühle mich geehrt und bin sehr dankbar für die Gelegenheit, meine Musik auf der ganzen Welt zu teilen.

All der Hype und Tour-Support muss überwältigende Wirkung haben. Macht er dir in manchen Momenten nicht auch Angst?

Definitiv! Ich bin immer nervös, besonders in den Minuten, kurz bevor es auf die Bühne geht. Das es sicherlich bei jedem Künstler so. Doch ist man erst oben, liebe ich es einfach.

Wahrscheinlich steht dein internationaler Werdegang ja gerade erst an seinem Anfang. Doch bevor es überhaupt dazu kam, musstest du erst die notwendige Unterstützung für das finden, was du inzwischen machst. Zwischen Komponieren und Auftritten, war da auch eine Zeit des Zweifelns?

Es gab definitiv Zeiten, wo ich ans Aufgeben gedacht habe. Ich wollte um alles in der Welt auftreten! Doch meine Familie und Phelba (Alter Ego, Anm. Red.) waren meine einzigen Anhänger. (lacht)

Nach „America’s Got Talent“ flaute meine Karriere ab. Ich fragte mich, ob ich dranbleiben sollte oder nur meine Zeit verschwendete. Niemand in der Musikindustrie war bereit, mir eine Chance zu geben. Mir wurde gesagt, ich sei unverkäuflich. Jedes Label hat mich abgelehnt. Aber irgendwo brannte ein Feuer in mir, das sich weigerte, aufzugeben. Ich wusste, ich hatte etwas zu bieten, sodass ich trotz aller Rationalität und Vernunft drangeblieben bin.

Deine Musik kombinierst du mit Tanzeinlagen in einer völlig neuen Art und vielfältigen Weise. Welcher Ausdruck ist dir dabei auf Bühnen und in den Videos wichtig?

Letztendlich soll die Botschaft sein, dass man nicht mit allem konform gehen muss, um geschätzt oder angenommen zu werden. Dein wahrer Wert kommt von dem Standpunkt, wo du selbst am liebsten bist.

Wenn du auf der Bühne auftrittst, das heißt, zeitgleich spielst und tanzt, muss dies auch eine konditionelle Herausforderung sein. Ohne Vorbereitung ist es sicherlich nicht möglich.

Mittlerweile trete ich so oft auf, dass eine extra Vorbereitung nicht länger notwendig ist. Morgens nach dem Aufstehen laufe ich gerne, mache Sit-ups, Push-ups und hebe Gewichte, unter Nutzung meines eigenen Körpergewichts. Solange ich diesbezüglich in guter Verfassung bin, gleicht sich womöglich fehlende Ausdauer durch Adrenalin wieder aus. (lacht)

Neben allen Ausdrücken, welche Eindrücke und Einflüsse sind dir beim Komponieren und Arrangieren von Songs wichtig?

Lindsey StirlingInspiration ziehe ich aus jeder Erfahrung meines Lebens. Es ist das, was meiner Musik ihre Bedeutung gibt und warum Musik ihre Emotionen auch ohne Worte auszudrücken weiß. Ich wuchs auf mit klassischer Musik, liebte Vanessa Mae, Bond, Barrage (kanadisches Violinen-Ensemble, Anm. Red.), Michael Jackson, Avril Lavigne, Disney/Broadway Songs und Weezer. (lacht) Auch bin ich ein großer Fan von David Garrett.

Das klingt nach einer guten Kindheit, aus der du viel mitnehmen konntest.

Meine Langzeit-Helden sind seit jeher meine Eltern und meine ältere Schwester. Meine Eltern haben unglaubliche Opfer gebracht, die es mir ermöglichten, meine Träume zu verfolgen. Sie haben an mich geglaubt, als es niemand anderes tat. Meine Schwester und ich haben uns ziemlich bekriegt als wir aufwuchsen, aber ich habe immer zu ihr aufgeschaut, weil sie so viele Dinge gut konnte. Nicht, weil sie in allem mit natürlichem Talent gesegnet war, sondern weil sie hart gearbeitet hat! Ihr Beispiel hat mir gezeigt, dass auch ich Erstaunliches vollbringen kann – bei der Bereitschaft, dafür den Preis zu zahlen.

Und es hat sich ausgezahlt. - Welche deiner Songs liegen dir heute am meisten am Herzen?

Meine persönlichen Favoriten sind „Shadows“, „Celtic Carol“ und „Moon Trance“. Teilweise aufgrund der Musik an sich. Doch auch, weil sie eben eine Geschichte erzählt. Es hat so viel Spaß gemacht, die Musikvideos dazu zu gestalten.

Wenn du nun in die Zukunft blickst: Worauf freust du dich am meisten, wenn du nach der Tour nach Hause kommst?

Nach Europa werde ich eine lange Pause von der Tour einlegen. Geplant ist die Arbeit an neuer Musik, die Veröffentlichung ein paar neuer Videos, vielleicht einer Biographie. Meine jüngere Schwester ist eine tolle Schreiberin, die daran aktuell arbeitet. Und ich werde versuchen, in die Ellen Degeneres Show zu kommen.

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