Slut – Alienation

Slut

Fünf Jahre ist es bereits her, das letzte reguläre Slut-Studioalbum „StillNo1“. In der Zwischenzeit tourte man mit Autorin Juli Zeh und nahm das dazugehörige Album „Corpus Delicti“ auf. Ebenso verlagerte man sämtliche Operationen von Ingolstadt nach München. Für die neue Platte entschied man sich für ein Team bestehend aus allen fünf Produzenten, mit denen man bereits in der Vergangenheit zusammengearbeitet hatte. Viele Köche verderben keineswegs den Brei, wie „Alienation“ zeigt.

Was kann man von einem Album mit dermaßen breitem Input erwarten? Kleine und große Überraschungen, Altbewährtes und durch die Bank gute Songs – so wie eine Slut-Platte eben klingen soll. „Anybody Have A Roadmap“ fordert als Einstieg mit seinen geloopten Math-Gitarren und wirren Drums ein wenig heraus, geht im hochgradig harmonischen Refrain auf, bevor das Schlagzeug erneut zur Waffe wird. „Go on and drive“, heißt es, und die Münchner fahren einfach drauf los. Erster Halt war und ist der Vorbote „Next Big Thing“, ein vergleichsweise klassischer Slut-Rocker, der Aufbruchsstimmung signalisiert, denn „there is no reason to stay“. Ein wenig Kopfstimme hier, ein plötzlicher Tempowechsel da, butterweiche Gitarren über einem Keyboard-Hauch von Nichts – gewohnt hervorragende, wohltuende Kombination.

Klassische Rocker rücken in weiterer Folge in den Hintergrund. „Never Say Nothing“ fällt mit seinem Pop-Twist und der singenden Gitarre am ehesten in diese Kategorie, vielleicht auch das angenehm schwerfällige, mit arabeskem Bombast angereicherte „Silk Road Blues“ – eines von vielen Highlights dieser Platte. In einigen Momenten erinnern Slut nun an die jüngere Radiohead-Vergangenheit. Das finstere „Break My Backbone“ und das melancholisch angelegte „All Show“ fallen in diese Kategorie, dazu kommt der Math-Hop von „Idiot Dancers“, scheinbar nahtlos abgelöst durch die Indie-Halb-Ballade „Nervous Kind“.

Die Übergänge sind fließend, die Stilwechsel wirken natürlich, Harmonie steht nach wie vor an oberster Stelle. „Alienation“ ist, wie der Titel besagt, eine Entfremdung, eine Neuschöpfung mit alten Mitteln und frischen Impulsen. Slut finden ihr Ziel nicht, sie erreichen derer viele. Mit Überpräsenz und einem Meer an, nun ja, Mehr ist man nicht nur in München angekommen. Hat man erst einmal in diese Platte hineingefunden und die etwas ungewöhnliche Mischung verinnerlicht, macht „Alienation“ Spaß. Die Kunst der Bayern ist es, diese Breite zu einem harmonischen Ganzen ohne Schnittstellen oder unnatürliche Übergänge zusammen zu flicken. „Alienation“ ist wie aus einem Guss und damit beinahe ein Widerspruch ein sich; ein höchst sympathischer Widerspruch zum Immerwiederhören.

Slut - Alienation

Alienation
VÖ: 16.08.2013
Cargo Records

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