Navel – Songs Of Woe

Navel

Abnabeln und ankommen: Seit einem Jahrzehnt sind Navel auf der Suche nach ihrem Sound. Einzige Konstante ist Sänger und Mastermind Jari Antti, der erstmals auf ein für seine Verhältnisse stabiles Lineup bauen kann. Einzig hinter der Schießbude gab es einen Wechsel, Marco Raeff und Massimo Tondini waren bereits vergangenes Jahr auf „Loverboy“ zu hören. Der letztjährige, endgültige Bruch mit den Grunge-Anfängen wird nun auch auf dem vierten Studioalbum „Songs Of Woe“ kultiviert und mit ungewohnter Spontanität verstärkt.

Ohne besondere Vorbereitungen und eine ausgedehnte Selbstfindungsphase zwischen Unsicherheit und Neuorientierung, legten die Schweizer im Studio los. Das Ergebnis: gleichermaßen unterhaltsam wie erfüllend. Zwischendurch bleibt da schon mal Platz für gewisse Ulkigkeit, beispielsweise das in seiner Phrasierung frappant an The Subways erinnernde „My Everything“ oder das breitbeinige „Don’t Get Me Wrong“, eine Verneigung vor Slade und Mark Bolan. In diese Kategorie fällt auch „Tale Of Woe“, das die Tocotronic’sche Liebe zu ausladenden Feedback-Schleifen und Sauerkraut mit feistem Falsett-Funk vermengt – die einzige Geschmacksverirrung dieser Platte.

Aufgewogen wird dieser Teilausfall von einer Reihe an Monstern, darunter das Herzstück „Way Out“. Mit mehr als siebeneinhalb Minuten Spielzeit wagen sich Navel an eine Art Opus Magnus im Westentaschenformat, lassen die Gitarre leiden (Antti hilft gesanglich fleißig mit) und schweren Blues auf minimalistisch dargestellte Hard Rock-Motive treffen – der vielleicht beste Track im bisherigen Schaffen der Schweizer. Rundherum: seltener Schweinerock (das treibende, mehrfach explodierende „True Love Won’t Let You Down“), psychedlischer Post-Britpop („Teenage Blues“) und semi-balladeske Sehnsucht (das melancholische Fernweh-Finale „Let Me Take You By My Side“).

„Navel haben ihr Meisterwerk eingespielt“, heißt es vollmundig im Begleittext, und so ist es auch. Spontanes Auftreten, keine übermäßigen Umstellungen und ein Fokus auf das Wesentliche behagen den Schweizern hörbar. Jari Antti ist es endlich gelungen die Fesseln seiner selbst abzulegen und „Songs Of Woe“ einzuspielen, das gleichermaßen den langen Weg zur musikalischen Erfüllung beschreibt, ebenso aber ein euphorisches, breitbeiniges Statement abgibt: Navel haben sich auf ihrem bislang besten Album gefunden und legen damit, ganz im Vorbeigehen, mit diesem begeisternden Leckerbissen die Gitarrenmesslatte für den Rest des Jahres verdammt hoch.

Navel - Songs Of Woe

Songs Of Woe
VÖ: 31.10.2014
Noisolution (Indigo)

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