Razz – With Your Hands We’ll Conquer

Razz

Vor zehn Jahren stellten fünf Wendländer die deutsche Indie-Welt mit jugendlichem Charme und guten Songs auf den Kopf. Ob Razz einmal in die Fußstapfen von Madsen treten können, muss sich erst zeigen. Das junge Quartett aus dem Emsland setzt zwar auf englischsprachige Texte und hat keine Major-Unterstützung im Rücken, in punkto Esprit, Spielfreude und Reife erinnern sie aber durchaus an die Anfangstage der prominenten Kollegen. Nach Auftritten auf einer Reihe von großen Festivals erscheint nun das Debütalbum mit dem sperrigen Titel „With Your Hands We’ll Conquer“ und zwölf unterhaltsamen Liedchen.

Beeindruckend ist zunächst Niklas Keisers Stimme, die tatsächlich einen Hauch von Blues erkennen lässt und gerade in den tiefen Passagen richtig Charakter hat – definitiv reifer als erwartet, was wiederum für die gesamte Band gilt. „Black Feathers“ macht als Opener klar, wohin die Reise geht. Editors, Mando Diao, ein Hauch von Post Punk im Abgang, markiger Chorus – alles dabei, alles auf den Punkt. Zwischen Indie-Disco, Garage und Gefühlsechtheit agieren auch weitere Songs, beispielsweise das angenehm kauzige „Youth & Enjoyment“. Synthetische Untertöne, eine Prise Noise und tanzbarer Wave-Rock kollidieren dreieinhalb Minuten lang und trösten über den schmerzlichen Verlust der Kilians hinweg.

Ruhige Töne sind aus dem Emsländer Lager nur selten zu vernehmen. Wenn, dann werden sie ein wenig entfremdet, wie im obskur blubbernden, dennoch neugierig machenden Rausschmeißer „The Blood Engine“. Razz mögen es lieber direkt, tanzbar, verschwitzt und eingängig. „Postlude“ ist ein weiterer Indie-Disco-Hit, der stellenweise an die Frühphase von Maximo Park und anderen Wave-Bands erinnert, aberwitzige Melodiefolge inklusive. Hinter „Turning Shadows“ versteckt sich gar ein schüchternes Stückchen Gitarren-Pop mit zartem Understatement. Eindringlich und ohrwurmtauglich ist auch dieser Track.

Sind Razz nun also die neuen Madsen? Zugegeben, Potential ist genug vorhanden, aber das junge Quartett ist viel zu beschäftigt damit die ersten und einzigen Razz zu sein. Vielleicht zündet nicht jede Idee, schleichen sich gewisse Muster ein, doch mit Langeweile hat „With Your Hands We’ll Conquer“ rein gar nichts am Hut. Razz haben Charme, ein Händchen für gute Melodien und ordentlich Selbstvertrauen, aus dem ein durch die Bank unterhaltsames, kurzweiliges Debüt entstanden ist, das nach höheren Weihen verlangt. Nicht nur auf der Festivalbühne werden diese Tracks zu steten Begleitern.

Razz - With Your Hands We'll Conquer

With Your Hands We’ll Conquer
VÖ: 30.10.2015
Long Branch Records (SPV)

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