Kid Harlequin – Wired

Kid Harlequin

Denkt man an Industrial Rock, so ergibt sich ein kühles, maschinelles Bild elektronisch behafteter Musik mit vielen Wiederholungen und wenig Emotionen – oder doch nicht? Kid Harlequin haben sich eben jenem Genre verschieben, klingen aber irgendwie anders. Das niederländische Quartett vermischt melodische Erkenntnisse mit dystopischen Visionen und fiesem Druck, der Nine Inch Nails mit Dúné verbindet. Klingt komisch, funktioniert aber, wie das Debütalbum „Wired“ zeigt.

In seltenen Momenten werden Erwartungen an das proklamierte Genre erfüllt, darunter das bissige, zerfahrene „Pigs“. Zwischen entstellten Strophen und treibendem Refrain werden Erinnerungen an Marilyn Manson wach. Auch das Cover des Bowie-Klassikers „I’m Afraid Of Americans“ passt halbwegs in diese Gefilde, fällt jedoch erstaunlich zahnlos und blutleer aus. Viel typischer ist da schon das finstere „Burn It Down“. Bedrückend, schleppend, intensiv – die Niederländer verfallen nicht zum letzten Mal dem guten Gevatter Dark Rock.

Wer darauf steht, dürfte auch Freude an „No Light At The End“ finden, eine unheilige Allianz aus Type O Negative und Junius – schön zäh und getragen, beinahe im Zeitlupentempo arrangiert und umgesetzt. Dezente Anlaufschwierigkeiten lassen sich hingegen bei „Have To Let Go“ erkennen, das jedoch perfekt die bereits erwähnte Mischung aus post-industrieller Sehnsucht und von Dúné propagiertem Charme miteinander verbindet – zumindest nach mehreren Durchläufen, von denen sich jeder einzelne lohnt.

„Wired“ hat viele Leerstellen und so manchen belanglosen Moment – bei einem Debütalbum noch vertretbar, wenngleich natürlich etwas suboptimal. Der etwas unorthodoxe Zugang zu Industrial und die eine oder andere düstere Hymne steuern herrlich gegen die qualitative Tristesse. Kid Harlequin hinterlassen nach diesem Einstand mit gemischten Gefühlen, wenngleich die Zeichen sehr gut sind: Besinnen sich die Niederländer auf das Wesentliche, wippen Fuß und Haupthaar beinahe automatisch mit.

Kid Harlequin - Wired

Wired
VÖ: 20.11.2015 (DL-Album)
Eigenvertrieb

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