Siamese – Siamese

Siamese

Bloß keinen Trends folgen und Genre-Konventionen erst einmal konsequent ignorieren: Den Dänen Siamese ist ziemlich piepegal, was andere von ihnen halten. Was (Rock-)Musik ist, definiert das Sextetts für sich ganz neu. Zwischen balladeskem Pop und seltenen Post-Hardcore-Wutausbrüchen bedienen sie die ganze Palette. Ohne Verstärker und mit Zitaten aus der Rap-Welt statten sie nun ihr zweites Album „Siamese“ aus. Prog und Math duellieren sich mit RnB, Rock-Breitseiten treffen auf OneRepublic-Klänge – eine aufregende Grenzerfahrung.

Falsche Fährten sind steter Begleiter dieses Kleinods. Bereits der Opener „Tomorrow Never Dies“ steht stellvertretend für derlei Wahnsinn, und das am besten in hektischer Abfolge. Der dezent angeproggte Math-Rock-Unterbau wird von Streichern und eingängigen, fordernden Vocals befeuert. Im Refrain scheinen All Time Low neben Formatradio-Dramatik durch, später wechseln einander Nu-Prog-, Core- und semi-balladeske Breaks ab – es riecht nach Überforderung.

Tatsächlich bleibt der krude, wahnwitzige Beigeschmack omnipräsent, beispielsweise im verrückten „Monophobia“, das noch am ehesten an den Opener anknüpft, insgesamt aber eine Spur härter wirkt. Ja, die Gitarren klingen tatsächlich nach Djent. Der inkludierte Wutausbruch zum Schluss hat ebenso seinen Reiz wie der maschinelle Funk von „The Bastards“ mit avantgardistischem Brit-Breakdown oder das treibende, dezent an Fall Out Boy erinnernde „Gods & Kings“.

Die US-Amerikaner halten überhaupt prima als Vergleichsreferenz her, ebenso die zuletzt poppiger gewordenen dänischen Landsleute Dúné. Siamese setzen auf ein quietschbuntes, hypnotisierendes Sammelsurium, das durchaus nach langer Eingewöhnung verlangt. Wirkliche Schwächen offenbaren sich einzig in den käsigen Balladen, darunter das im Kitsch ersaufende „Bleed“. Für solche Anlässe wurde die Skip-Taste erfunden. Dass sich die Dänen weiterhin nichts um gängige Muster scheren, ist erfrischend. „Siamese“ schlägt nicht immer voll ein, erweist sich angesichts seiner vor Kreativität überschäumenden Momente aber als waschechter Grower.

Siamese - Siamese

Siamese
VÖ: 12.02.2016
Prime Collective (Cargo Records)

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