Underworld – Barbara Barbara, We Face A Shining Future

Underworld

Die besondere musikalische Beziehung von Karl Hyde und Rick Smith dauert mittlerweile dreieinhalb Jahrzehnte an, die sie weitestgehend mit Underworld und einer kompletten Reformierung jener Klänge, die allgemein als Techno, Rave und Electro bezeichnet werden, verbrachten. Das letzte reguläre Studioalbum „Barking“, eine Kollaboration mit verschiedensten Produzenten, hat bereits fünfeinhalb Jahre auf dem Buckel. Auf „Barbara Barbara, We Face A Shining Future“ konzentrieren sich Hyde und Smith wieder weitestgehend auf sich selbst.

Für das siebte Studioalbum seit der Rave-Werdung scherten sich die Beiden nicht darum, was Underworld ausmacht, und trugen eine Reihe von Ideen zusammen, die auch zu den verschiedenen Solo-Aktivitäten und Nebenprojekten gepasst hätten. Natürlich ist der Aufreger „I Exhale“, hier als acht Minuten langer Opener platziert, bereits bestens bekannt. Tatsächlich arbeitet das Duo mit Post-Punk-Elementen, post-urbaner Düsternis und jenem ausgelassenen Wahnsinn, der nicht erst seit „Born Slippy“ das Schaffen des Duos ausmacht. Im dazugehörigen Clip fällt Karl Hyde immer wieder mit der sprichwörtlichen Tür ins Haus – ein visuelles wie musikalisches Festmahl, das sich erst nach mehreren Durchläufen erschließt.

Tatsächlich sollte ein wenig Geduld mitgebracht werden für diese Platte. In jedem Track steckt der unverkennbare Underworld-Geist, wenn man sich denn auf kleine und große Grenzerfahrungen einlassen will. „If Rah“ ist noch einer der traditionelleren Cuts, hätte sowohl zu Beginn der 90er als auch rund um „Oblivion With Bells“ funktioniert – ein obskures Beat-Konstrukt mit Sinnfindung, auf welches das schroffe, nach vorne preschende „Low Burn“ folgt. Auch in diesen knapp sieben Minuten steckt durchaus Klassikerpotential.

Danach folgt das wohl schwierigste Underworld-Doppel der letzten zehn Jahre. Zunächst tapst „Santiago Cuatro“ vier Minuten lang durch instrumentale Ethno-Ästhetik, dann erinnert das schleppende „Motorhome“ ein wenig an Hydes Soloalbum – zwei Tracks, die abermals Geduld verlangen. Hernach biegt das Duo in die Zielgerade ein, zunächst mit dem unverschämt eingängigen „Ova Nova“, das angesichts seiner poppigen Lieblichkeit auch auf „Barking“ funktioniert hätte. „Nylon Strung“ knüpft daran an, öffnet sich aber gen Sonne und lässt das sonnige Harmoniebedürfnis von „Crocodile“ mit einer dezenten Referenz an „Rez“ kollidieren.

Natürlich sind die Trademarks da – Karl Hydes seltsamen, assoziationslastigen Lyrics und Rick Smiths gleichermaßen forschen wie forschenden Arrangements – und doch ist auf „Barbara Barbara, We Face A Shining Future“ alles irgendwie anders. Kompromisslose Öffnung, kleine Experimente und stetes Bewusstsein über das eigene Erbe schaffen eine gleichermaßen schwierige wie spannende Platte, die am besten Schicht für Schicht auseinandergenommen und analysiert werden will. Auch wenn die eine oder andere Idee zunächst abstrus erscheinen mag, hinter dem siebten Underworld-Album der elektronischen Generation steckt unheimlich viel Cleverness und der Beweis, dass die beiden Urgesteine längst noch nicht zum alten Eisen zählen.

Underworld - Barbara Barbara, We Face A Shining Future

Barbara Barbara, We Face A Shining Future
VÖ: 18.03.2016
Caroline International (Universal Music)

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