My Sound Of Silence – Low Velocity Bullets

My Sound Of Silence

Die brodelnde Musikszene Umeås ist Heimat einer spannenden neuen musikalischen Beziehung. Helena Andersson und Therese Lithner wurden einander 2009 von gemeinsamen Freunden aus der lokalen Szene vorgestellt, die ihre musikalische Kompatibilität erkannt hatten. Seither feilen die schwedischen Perfektionistinnen an ihrem Sound, der im Laufe der Zeit noch eine Spur scharfkantiger und emotionaler geworden ist. Als My Sound Of Silence veröffentlichen sie nun ihr Debütalbum „Low Velocity Bullets“ und vereinen Folk in seiner Lo-Fi-Ausprägung mit einem Händchen für Pop und sperrige Gitarrenmusik.

Beim Durchlesen der Tracklist bleibt der ein oder andere wohl an dritter Stelle hängen. Ja, „Pennyroyal Tea“ ist tatsächlich eine Cover-Version des Nirvana-Klassikers, klingt aber nur selten nach dem Original. My Sound Of Silence machen sich den Song zu eigen mit stampfendem Rhythmus, schroffer Gitarre und schmerzerfüllt-poppiger Gesangsharmonie im Refrain – ein Gänsehauterlebnis sondergleichen. Direkt davor haben die Schwedinnen ihren Claim bereits mit der Video-Auskopplung „Cheater“ abgesteckt. Insgesamt etwas runder und kompakter als „Pennyroyal Tea“, kommt das Faible für Lo-Fi-Folk mit lieblichen Melodien hier besonders stark zu tragen.

Das Schlussdrittel dieses Debütalbums hat es besonders in sich. Zunächst probt „Second Fall“ fünfeinhalb Minuten lang den Aufgalopp, arbeitet immer wieder auf einen explosiven Höhepunkt hin und startet die Schleife schließlich kurz vor dem Höhepunkt immer wieder neu. „Oh My“ ist nicht ganz so kathartisch, dafür aber wunderschön. Einzig die beiden Stimmen und eine einsame Gitarre tragen durch gut dreieinhalb bewegende Minuten. „You And I (The Door)“ macht schließlich den Deckel drauf und zeigt einmal mehr, dass man es hier offenkundig mit Low-Fans zu tun hat – entsprechende Vergleiche sind wohlwollend gemeint, man würde die Damen auch in Duluth am rechten Platz wähnen.

Kauzig und dabei stets charmant – das Auftreten Anderssons und Lithners mutet künstlerisch schizophren an und macht doch Sinn. „Low Velocity Bullets“ sucht nach dem kreativen Sinn und findet ihn in bewegenden Songs mit großen Melodien und besonders viel Kauzigkeit. My Sound Of Silence wollen es niemandem, vor allem nicht sich selbst, einfach machen; ein unorthodoxes Konzept, das in bewegenden Songs zwischen spartanischer Instrumentierung und forscher Suche aufgeht. Gefunden haben die beiden Perfektionistinnen vermutlich noch nichts, wollen es aber hoffentlich weiterhin versuchen. Gerne möchte man ihren Versuchen lauschen – immer und immer wieder.

My Sound Of Silence - Low Velocity Bullets

Low Velocity Bullets
VÖ: 15.04.2016
Dock 7 Records (Cargo Records)

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