Michael Kiwanuka – Love & Hate

Michael Kiwanuka

Stolze vier Jahre ließ sich Michael Kiwanuka nach dem Release seines Debütalbums „Home Again“ bitten. Nach einer bewegten Zeit, in der ihn die BBC-Fachjury zum musikalischen Hoffnungsträger für das Jahr 2012 kürte, sein Einstand in UK Gold ging und er schließlich durch die Welt tourte, wollte der mittlerweile 29jährige einfach nur durchatmen. Auch sein Sound hat sich etwas geändert. Soul trifft, nunmehr ohne Folk, auf Blues und sogar Pop. „Love & Hate“ ist dennoch alles, nur keine Pop-Platte geworden.

Kiwanuka lässt die technische Herangehensweise an seinen Erstling hinter sich und agiert, von einem neuen Producerteam flankiert, vermehrt aus dem Bauch heraus. Da wäre beispielsweise die Single „Black Man In A White World“, für die Danger Mouse hinter den Reglern saß. Mit seinen Handclaps und leichtem Bounce, ja sogar einer tanzbaren Frühlingsnote, hebt sich der Song ein wenig vom bisherigen Material des Briten ab, bleibt aber dennoch unverkennbar. Zwischen Südstaaten-Blues und dem Ringen um Identität singt er sich in eine Art Rausch.

Ebenso auffällig: der neue Hang zu überlangen Tracks. Bereits vor besagter Single erhebt sich, als eröffnende Hürde platziert, das zehnminütige „Cold Little Heart“, das sich über eine einfache Klaviermelodie in den Song hangelt, von Schmerz und Schwere durchzogen ist, und mit seiner in mehreren Stufen förmlich explodierenden Energie gleichermaßen bewegt wie beeindruckt. Auch „Father’s Child“ dauert und dauert, tänzelt zunächst ein wenig und lässt schließlich eine herrlich verzerrte, klassische Gitarre aufheulen. Hendrix lässt grüßen.

Der herrlich angepoppte Soul von „One More Night“, der Easy-Rocker „The Final Frame“, der ellenlange Titelsong: Michael Kiwanuka macht vieles anders und kommt damit nicht ganz an die nackte, ehrliche Aura seines Debüts heran. Und doch darf, nein, muss „Love & Hate“ als gelungen bezeichnet werden, weil der 29jährige sich aus seiner Comfort Zone herauswagt, menschlichen wie musikalischen Wachstum offenbart und weiterhin richtig gute Songs schreibt. Ein wenig muss man sich an dieses zweite Album erst gewöhnen, doch hinter der wundersamen Fassade verbergen sich abermals ehrliche, bewegende Songperlen eines großen Künstlers.

Michael Kiwanuka - Love & Hate

Love & Hate
VÖ: 15.07.2016
Polydor Records (Universal Music)

Michael Kiwanuka @ Home | @ Facebook
„Love & Hate“ @ Amazon kaufen