Teksti-TV 666 – 1,2,3
Fünf bis sechs Gitarren gleichzeitig auf der Bühne und Songs, die wie zu schnell abgespielte Shoegaze-Versionen alter Ramones-Tracks klingen: Teksti-TV 666 zählen in ihrer finnischen Heimat aktuell zu den beliebtesten Live-Bands. Nachdem ihre ersten drei EPs in Windeseile ausverkauft waren – der dritte Teil sogar in der Preorder-Phase -, erscheint nun eine Compilation aller Songs unter dem Titel „1,2,3“, und das auch außerhalb Finnlands.
Ausschließlich finnische Texte (und Songtitel), dazu so manches Mammut mit Überlange und knapp 75 Minuten Spielzeit – einfach machen es die Finnen nun wirklich niemandem. Dabei hat ihr Sound absolut Charme, wie beispielsweise „Neljä seinää ja puolikas sielu“ eindrucksvoll demonstiert. Langsam rollt der Achtminüter an, entfaltet dennoch in Windeseile seine volle Strahlkraft mit jenem herrlich kruden Post-Pop-Punk-Sound, der entfernt an die nicht minder kuriosen Landsleute Kesä erinnert. Hymnische Power trifft auf Singalongs und Shoegaze-Gitarren, bevor die zweite Hälfte mehr und mehr zum ausladenden Kraut-Jam mutiert und damit im krassen Gegensatz zum Rest des Tracks steht. Kling komisch, funktioniert aber.
Nach diesem Motto entfaltet nach und nach jeder einzelne Song seine volle Strahlkraft. Selbst „Kuustoista vuotta sitten“ mit über elfeinhalb Minuten manischer Energie und in sich ruhendem Pop-Charme geht auf. Natürlich versinkt das Grande Finale dieser EP-Compilation schlussendlich im Noise- und Feedback-Sumpf, doch der Weg dorthin ist mindestens so aufregend wie der scharfkantige Charme von „Lisää spiidii“, mit dem sich Teksti-TV 666 endgültig zum rauen Post-Punk-Sound ihrer Urahnen bekennen.
Eigentlich mangelt es ’nur‘ an Hits, aber für offensichtliche Radio-Tracks ist der Sound von Teksti-TV 666 zu eigentümlich, gerade angesichts der für deutsche Ohren sperrigen finnischen Sprache. In genau jenem Wahnwitz, Mut zum Andersklingen und der schrägen Vision von Punk, Kraut und Shoegaze liegt jedoch der große, der eigentliche Reiz von „1,2,3“. Zwischen den Fronten und rund um den eigentümlichen wie verqueren und doch so eingängigen Sound gelingt den finnischen Newcomern eine aufregende erste Übersicht über ihr bisheriges Schaffen. Die Lehre aus dieser Compilation: Es kann nie genug Gitarren geben.
1,2,3
VÖ: 04.11.2016
Svart Records (Cargo Records)
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