Holy Esque – Television/Sweet

Holy Esque

Aus dem absoluten Nirgendwo traf „At Hope’s Ravine“ vor knapp zweieinhalb Jahren ins Schwarze. Der auf beste Weise eigensinnige Sound Holy Esques – glockenhelle Vocals mit Wu Lyf-Schlagseite, schroffer Post Punk und energische Indie-Attitüde – schuf eine Reihe kleiner Songperlen, wie „Rose“ und das unkaputtbare „Hexx“. Quasi aus dem Nirgendwo erscheint nun der Nachfolger. „Television/Sweet“ erforscht zunehmende Isolation in Zeiten geradezu aggressiver Hyperkonnektivität und trägt den Sound der Band in deutlich düstere Gefilde.

Unorthodoxe Hit-Kandidaten bleiben aus, dafür widmen sich die Schotten – mehr denn je – unterkühltem Post Punk mit gelegentlichen Zwischensprints. Ein solcher hört auf den Namen „I Am The Truth“ und dient zugleich als erste Single. Mechanische Drums, schroffes Synthi-Gewitter, dazu Pat Hynes‘ gewohnt hoher, leicht schriller Gesang – das fühlt sich ein wenig wie Nachhausekommen an. Minutenlang scheint der Track aufzubauen, nicht so recht auf den Punkt kommen zu wollen, bevor plötzlich eine unwahrscheinlich klassische Post-Punk-Melodie gen Finale trägt. Die Band wird lauter, steigert sich förmlich in den Track hinein, explodiert gleich ein paar Mal und kreiert einen weiteren Übersong – na Mahlzeit.

Selbst für Holy Esque muten manche Momente ungewöhnlich an. „He, Spectral Electra“ wirkt verhalten positiv, gibt sich explizit, und versenkt sich nach knapp drei Minuten schließlich selbst im vokalen Feedback-Meer. „Filth Or Passion“ dreht ordentlich auf mit einer schroffen Bassline und ebenso aggressiven Synthis – eine Grenzerfahrung, die in ein ellenlanges Meer aus Chaos und Dissonanz führt – der beinahe nahtlose Übergang in den reduzierten, semi-balladesken Titelsong wirkt wie eine Wohltat, und doch haben beide Tracks ihre Daseinsberechtigung.

Es geht aber auch einen Tacken rockiger und pointierter: „House Of Hounds“ stürzt sich zwar kurzzeitig in den wirren Synthi-Sumpf, gewinnt mit seinem Mix aus bissiger Gitarren-Front und geschickt gesetzter Zäsur jedoch ungemein. „Modern Tones“ wirkt wie ein blubbernder Frontalangriff, lässt die Luft brennen und schraubt sich zu immer lauteren Höhepunkten hoch. Spannend gestaltet sich auch der hibbelige Opener „Image Of Man“, dessen synthesische Front ein wenig die Anfänge der Techno-Bewegung vorwegnimmt, oder das herrlich fragile „Give Me Your Stillness“.

Dieses Mal dauert es fast noch eine Spur länger, bis Holy Esque zu sich finden. „Television/Sweet“ rollt langsam an und verstört mit seiner intensiven, synthetischen Düsternis. Destillierter Post Punk im besten, elektronischen Retro-Sinn ist das, wohlweislich mit obligatorischem Brückenschlag zum ersten Album. Jeder Track funktioniert, wenn auch erst nach ein wenig Anlaufzeit, geradezu herausragend, dazu erschließen sich neue Favoriten. Sie mögen nicht ganz so über-eindringlich wie die Hits auf „At Hope’s Ravine“ sein, großartig bleibt jedoch großartig. „Television/Sweet“ ist die nächste Stufe der musikalischen Evolution Holy Esques und verspricht unwahrscheinlich Großes – demnächst wohl auch in physischer Form erhältlich.

Holy Esque - Television/Sweet

Television/Sweet
VÖ: 08.06.2018 (DL-Album)
Beyond The Frequency (Kobalt-AWAL)

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