Laura Jane Grace & The Devouring Mothers – Born To Rot

Laura Jane Grace & The Devouring Mothers

Als Laura Jane Grace mit einem reduzierten Band-Lineup und einigen Tagebuchauszügen, die später Teil ihrer Autobiographie „Tranny: Confessions Of Punk Rock’s Most Infamous Anarchist Sellout“ werden sollten, auf Tour ging, reifte der Plan für einen kleinen Nebenschauplatz zu Against Me!. Die Songs dazu schrieb sie teils unterwegs, teils zuhause in Chicago, und gründete The Devouring Mothers rund um Atom Willard (aktueller Drummer ihrer Hauptband) und Marc Jacob Hudson (langjähriger AM-Produzent). Auf „Born To Rot“ trifft sich nun ein musikalisches Sammelsurium aus Punk Rock, Singer/Songwriter und poppigem Alternative Rock.

Natürlich findet sich so mancher Track in dieser Sammlung – Grace spricht selbst von einem Mixtape – der auch prima bei Against Me! funktioniert hätte. Dazu zählt die zweite Single „The Airplane Song“, einer locker angepunkter Rocker über eine besonders komplizierte Romanze. Aber auch der leicht verschrobene Biss von „Valeria Golino“ oder das angenehm kantige „Amsterdam Hotel Room“ könnte man sich bei Laura Jane Graces erster musikalischer Liebe vorstellen. Vielleicht passt, mit Abstrichen, auch der Opener „China Beach“ in diese Riege. Hier speit die Protagonistin Gift und Galle, hält ein Plädoyer für Selbstvertrauen und für Empowerment – einer von vielen großartigen Momenten.

Und dann sind da natürlich noch jene Nummern, die nur in diesem Kontext funktionieren können. „Apocalypse Now (& Later)“, der erste Vorbote, transportiert den Band-Sound in Singer/Songwriter-Gefilde und räumt damit ab – recht einfache und doch so unterhaltsame Mittel, welche an die Anfänge des einstigen Soloprojektes erinnern. Das fragile Doppel „Screamy Dreamy“ und „Manic Depression“ wühlt mit ruhigen Tönen auf, lässt gelegentliche Dissonanzen schnell verhallen, und doch brodelt es hörbar in Grace. Aber auch eine sarkastische Abrechnung mit der Wahlheimat darf nicht fehlen. „I Hate Chicago“ wütet gegen Sport-Teams, gegen Unfreundlichkeit und gegen verflossene Liebe; unter Bewohnern der Stadt und der näheren Umgebung live übrigens sehr beliebt. Auch das ist Chicago.

„Born To Rot“ kratzt und beißt ordentlich, schlägt aber letztlich herrlich vertraute Töne an. Laura Jane Grace und ihre Devouring Mothers nehmen selbstverständlich eine gewisse Portion Against Me! mit – der prägnante Gesang drängt gen offensichtlichen Vergleich – haben zugleich aber hörbaren Spaß an musikalischer Vielfalt. Teils sind die Songs poppiger als bei der Hauptband, teils erinnern sie an Graces musikalische Anfänge, dann suchen sie wiederum die goldene Mitte auf. Mit kleinen Hits und faszinierenden Kurzgeschichten ausgestattet, macht dieses Fast-Solo-Debüt so ziemlich alles richtig und fügt der bereits illustren Biographie einer der interessantesten Musikerinnen der letzten 20 Jahre ein weiteres, hochgradig spannendes Kapitel hinzu.

Laura Jane Grace & The Devouring Mothers - Born To Rot

Born To Rot
VÖ: 09.11.2018
Bloodshot Records (Rough Trade)

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