Buch statt B*hlen!

Es ist wieder so weit, liebe Freunde und Feinde der seichten Abendunterhaltung. Imperator Dieter und seine Häscher laden ein zum großen Schaulaufen, getarnt unter dem scheinheiligen Deckmäntelchen der Musiksuche begrüßt das als Jury getarnte Henkerskommando in den ersten Wochen wieder die Gutgläubigen und geistig Umnachteten zur standesgemäßen medialen Exekution. Wenn man die armen Gestalten dann sieht, wie sie unter größten persönlichen Aufwänden und Überwindung des eigenen Schamgefühls fröhlich jodelnd in die eigene Kreuzigung ziehen, dann fragt man sich schon, was jemanden auch nach mehreren Staffeln DSDS dazu bringt, sich derart vorführen und mit herausgerotztem Proletenunrat bewerfen zu lassen.

Liebe Hobbysänger/innen und liebe „Ich habe einen Traum“-Solisten: vergesst es einfach mit der Musik. Ihr werdet es nicht auf diesem Wege schaffen. Opfert nicht eure Seele für dieses menschenverachtende Monstrum, das RTL tatsächlich als Unterhaltungsshow ausgibt. Ihr werdet verarscht. Und zwar nach Strich und Faden. RTL sucht keinen x-ten Superstar. RTL interessiert sich nicht die Bohne für Musik. Nein, RTL sucht Blödiane, die sie nach allen Regeln der Kunst instrumentalisieren und medial lächerlich machen lassen, um den voyeurgeilen Pöbel vom Rande der Gesellschaft an die Flimmerlunze zu locken.

Und haben dann tatsächlich irgendwann eine Handvoll mehr Bemitleidenswerter die ersten Torturen überstanden, beginnt die Verarschung von vorne. RTL manipuliert die wenigen Verbliebenen der „Show“, verzerrt ihre Persönlichkeit und verschaukelt so den Zuschauer nach allen Regeln der Kunst. Der lässt sich das gerne gefallen, auch in wirtschaftlichen schweren Zeiten ist noch genug Geld vorhanden, die man als Belohnung, dass man verarscht wird, in Klingeltöne, verschobene Votings und Merchandise investieren kann. Eigentlich könnte man dann auch dem Kellner in der Kneipe um die Ecke noch extra Trinkgeld geben, wenn die aus Convenienceabfall zusammengerührte Plörre auch noch vermeintlich lecker geschmeckt hat.

Aber zurück zum Thema: Eigentlich müsste dieses TV-Scheusal „RTL sucht ein neues Wegwerfprodukt“ heißen. Erinnert sich noch wer an die bereits am Fließband produzierten Sieger? Die eröffnen inzwischen Baumärkte, essen Maden im Dschungelcamp oder kochen im Promi-Kochduell. Ihre „großen Erfolge“ sind digitaler Müll, designt um schnelles Geld zu machen und danach für immer in den Untiefen der Radioplaylists zu verenden. Und mal im Ernst, wenn eingekaufte Schmalzkomponisten für Text und Musik zuständig sind, wie soll etwas Tiefgreifendes, Bewegendes und Nachhaltiges dabei herauskommen? Eben.

Darum die Bitte: Hört auf, euch diesen Schmutz im TV anzusehen. Lest dafür lieber ein Buch oder geht in den Proberaum und übt. Übt übt übt, lasst eure Seele in die Musik einfließen und schlagt euch den Superstartraum aus dem Kopf. Es wird nicht klappen. Und falls ihr es doch als Band/Sänger das Unmögliche schafft, dann wart ihr zufällig zur richtigen Zeit am richtigen Ort – und nicht in einer Castingshow.