Casper – So perfekt

Casper

Am 8. Juli 2011 wurde Deutschrap mit dem Release von Caspers zweitem Album „XOXO“ gerettet, zumindest wenn man den euphorischen Kritiken, dem eindrucksvollen Charterfolge und der Genre übergreifenden Akzeptanz der Platte Glauben schenken will. Reiner HipHop ist das freilich nicht, eher ein Stilmix mit Pop-, Rock- und sogar Electro-Elementen. Auch die autobiographischen, emotional diktierten Texte brechen ein wenig mit dem längst veralteten Genre-Duktus. Man merkt, dass der Mann mit der Reibeisenstimme auch in der Hardcore-Szene stark verankert ist. „So perfekt“ als erste Single könnte sich entsprechend zu einem Crossover-Hit entwickeln.

Für Casper geht es textlich zurück in die Schulzeit, wo er sich gleichermaßen mit dem Außenseiter und dem Quarterback identifiziert – ein Querverweis auf US-amerikanische High-School-Filme zwischen Hoffnung und Zukunftsangst. Die existentialistische Dimension verleiht den Lyrics zusätzlichen Charme, wobei es vor allem die Stimme ist, die den Rapper so speziell macht; eine Reibeisen, das die deutsche HipHop-Szene seit Ferris MC vermisst. Als Sahnehäubchen setzt es einen überaus eklektischen Stilmix, der sich von relativ straighten Strophen hin zu einem intensiven, bewegenden Refrain mit elektronischer Melancholie und einer singenden Gitarre wandelt, den textlichen Zwiespalt in den Casper’schen Klangkosmos einbettet.

Mit betontem Nischendenken kommt der Erfolg: „So perfekt“ wagt den gedanklichen Sprung über den Teich – Casper hat die ersten elf Jahre seines Lebens in den USA verbracht – betont die verschiedenen Seiten der Rollen-Medaille und kleidet seinen Text in ein Electro-Rock-Crossover-Arrangement, unterstützt von einem bildgewaltigen, beinahe bedrückenden Video. Clever ist das, speziell ebenso und vor allem spannend. Ähnlich wie Clueso bewegt sich Casper außerdem der Genre-Normen und etabliert sich – wenn auch (noch) stärker im Deutschrap verwurzelt – als mögliche Zukunft des Genres. Stark, weil anders und durchaus mit Mainstream-Potential versehen. Die drei unveröffentlichten Songs sollten auch Albumkäufer überzeugen.

4/5
VÖ: 29.07.2011
Four Music (Sony Music)

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