Ewig – Wir sind Ewig

Ewig

Sie haben ewig darauf gewartet. Aber irgendwann kommt der Augenblick, hinter den Kulissen hervorzutreten und sich der Welt (vor-) zu stellen. Nach der Debütsingle „Ein Schritt weiter“ geht es Schlag auf Schlag für die noch junge Band: Album im September, Tour von Oktober bis November und bis Ende des Jahres werden Ewig langjährige Fans überrascht und hoffentlich viele neue hinzugewonnen haben. Deutschpop kann nämlich so schön sein.

Bereits im ersten Song geben sich die Mitglieder zuversichtlich: Im Midtempotrack „Ruhe vor dem Sturm“ geht es um den Neuanfang und den besinnlichen Moment, bevor es endlich losgeht. Die poetischen Textzeilen fallen gleich angenehm auf. Die Refrain gleitet mild wie eine Brise durch das Lied, das größtenteils zweistimmig vorgetragen wird: Jörg Weisselberg beginnt, seine Partnerin Jeanette Biedermann übernimmt darauf die Mainparts. Ein wenig erinnert die Band daher an die frühen Ich + Ich-Produktionen mit Annette Humpe und Adel Tawil. Das hoffnungsschenkende „Sieh mich an“ setzt da noch einen darauf und punktet mit einer emotionalen Authentizität, welche Ich + Ich (leider) schon lange verloren haben. Schnell ist man freilich verleitet, Jeanette, Christian und Jörg in Schubladen zu stecken. Die Vielseitigkeit des Debütalbums spricht jedoch dagegen, das Trio vorschnell in eine bestimmte Richtung zu weisen. Die meist handgemachte Instrumentierung der durch die Bank selbstgeschriebenen Lieder spricht für Singer/Songwriter-Pop, welcher hier und da ausgewogen Akzente des Chansons oder modernen Schlagers setzt.

Das erste Highlight „1 mit dir“ ist ebenfalls ein von Melancholie durchzogener Popsong, der inhaltlich allerdings Besserung verspricht. „Und dann sagt der, der du einmal warst, lange her, dass du gelächelt hast. Lange war ich still, doch ich hab‘ das Gefühl, dass es dich zerreißt“. Die Lyrics erinnern fast an ein Selbstgespräch mit dem eigenen Spiegelbild, welches sich erinnert, einmal glücklich gewesen zu sein. Besonders durch Jeanettes einfühlsame und dennoch stark wirkende Stimme berührt die Ballade und ist daher ein heißer Anwärter als kommende Singleauskopplung. „Ein Schritt weiter“ erschien ja als erster Wurf der Band: Ein Grower – irgendwo eingängig und dennoch unkonventionell. Dass Ewig dies locker toppen können, stellen sie auf der LP nicht nur einmal unter Beweis.

„Leben wir“ überzeugt erst nach mehrmaligen Hören. Der locker leichte, ausgereifte Refrain hat sanften Schlager-Charakter und platziert sich harmonisch vor dem hymnenhaften Titeltrack des Debüts: „Wir sind Ewig“ präsentiert sich sehr eingängig und für viele Radiostationen prädestiniert. Die Doppeldeutigkeit des Liedtitels ist wohl als gelungen zu bezeicnen. Einerseits spielt es auf den Bandnamen an; auf der anderen Seite inhaltlich auf die sehr besondere Beziehung, welche für immer andauert. Romantisch. „Unser Himmel“ folgt nun wie eine Art Herz des Longplayers: Ewig legen eine fragile Pop-Perle vor, welche das Aufeinandertreffen zweier Menschen beschreibt, die sich zunächst „Leb wohl“ gesagt haben, doch „unser Himmel steht still, plötzlich ist Liebe ein Gefühl“ – und das Schicksal mischt die Karten neu.

Die ein oder andere Träne wird man wohl bei der traurig-schönen Ballade „Jenseits meiner Wege“ vergießen. Das Klavier stellt das dominante Instrument des Liedes dar, welches den Gesang behutsam begleitet. Inhaltlich ist es ein Danke an eine Art Schutzengel. Sei es eine Freundschaft oder ein Familienmitglied, das stets Acht gibt: „Auf dein Wort brauch‘ ich keinen Beweis, blind setzte ich meinen Fuß auf’s Eis“. Emotional, aber nicht zu dick aufgetragen. Die Produktion wirkt sehr rein und ergreifend. „Überall“ gibt sich da wieder dynamischer: In Zusammenarbeit mit Mario Radke entstand ein sehr hörenswertes Gefühlskino. Der bildhafte Text bereichert den neunten Track der Platte.

Elektronisch, vom Soundskelett etwas an Depeche Mode erinnernd, reiht sich „Schlafende Riesen“ ein. Ein Appell an unser inneres Potential. Der Chrorus gibt sich mild und steht im Kontrast zur rhythmischeren Instrumentalbegleitung. Im Studio wurden die Ewigs im eintretenden Chor sogar von Freunden und der Familie unterstützt. Scheinbar allesamt recht musikalische Menschen; Die Idee schadet „Schlafende Riesen“ nämlich rein garnicht. „Regen“ gibt sich im Anschluss süß und verträumt, während „Rauer Herbst“ beeindruckend groovt. Und wieder spielt eine gewisse Aufbruchs- sowie hoffnungsschenkende Stimmung mit ein. Die melancholische Note vieler Songs zieht sich wie ein roter Faden durch das Album. Christian Bömkes scheint als erfahrener Songwriter das Trio sehr zu bereichern. Die Mischung aus populärer Eingängigkeit und leiser Poetik geht auf. Die Geschichten, welche die oft romantischen Lieder erzählen, gehen absolut ans Herz. Den akustischen Abschluss von „Wir sind Ewig“ bildet das kurze „Wir sehen uns“. Es klingt einerseits nach Abschied, aber freilich auch nach einem Wiedersehen. Das „irgendwo, irgendwann“ ist vieldeutig. Für Hörer der Band kann dies aber die große Tour sein, welche die Ewigs von A bis Z führen wird: Von Aschaffenburg oder Berlin über Graz, Leipzig, Stuttgart oder Zürich. Gleich sechzehn Termine versprechen volles Programm.

Auffallend ist die Harmonie und der Spaß, welche die junge Band in Interviews verkörpert. Jörg und Jeanette scheinen nach zehn gemeinsamen Jahren auch auf der Bühne einfach eingespielt; Christian ergänzt als ruhigerer Pol auf eine anziehende Weise. Es ist erstaunlich, dass sie die doch ambitionierten kommenden Aufgaben gelassen, humorvoll und dennoch zielstrebig angehen. Wenn es nicht mit bösen Geistern zugeht, so werden sie sich schnell beim großen Publikum beliebt machen. Die hohe Qualität ihrer Popmusik spricht da eindeutig für sie. Am 14. September erscheint neben der regulären Version auch eine Spezialversion von „Wir sind Ewig“ mit fünf Live-Aufnahmen aus dem Kernalbum und den dazugehörigen Live-Videos aus den Berliner Hansa-Studios. Hut ab! Ohren auf! Das ewige Warten hat sich gelohnt: Wie schön Ewig deutschen Pop bereichern.

VÖ: 14.09.2012
One Two Media (Universal Music)

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