Go Go Gazelle – Flaschenpost an morgen

Go Go Gazelle
(c) Lisa Fröhlich

Zwei kurzweilige EPs liegen in der Vergangenheit, das Hier und Jetzt bemüht sich um ein ausladenderes Format: Go Go Gazelle wagen sich an ihr Debütalbum. Das Augsburger Indie-Punk-Trio mit schmissigen Melodien, selbstreflektierten bis (selbst-)ironischen Texten und gelegentlichen Folk-Einschüben möchte die Live-Energie auf Platte bannen und verzichtet weitestgehend auf unnötige Gimmicks oder Zusätze. „Flaschenpost an morgen“ erweist sich als gelungener Aufgalopp.

In der Vorabsingle „Wir sind nicht die Talking Heads“ geht es um nicht erreichte Lebensziele, und wie dennoch weitergemacht wird. Ohne Umwege steuern die Gazellen in den schmissigen Refrain mit seinen kurzweiligen Backings und dezentem Pop-Appeal – vielleicht nicht bahnbrechend, dafür unwahrscheinlich gut gemacht. Ein anderer Ohrwurm wartet am Ende des Albums. „Finger Rücken Kreuz“ wurde bewusst dort platziert, nicht aber aufgrund der dezenten Ska- und Russkaja-Vibes. Gemeinsam mit Sebastian Beyer von Massendefekt geht es zynisch gegen die Generation der Eltern und Großeltern, welche einen Planet am Rande des Ruins hinterlassen hat. Ob es den (Bald-)Senioren tatsächlich leid tut? Finger, Rücken, Kreuz.

Die Piano-Ballade „Neben deinem“ fällt ein klein wenig aus dem Rahmen. Zwar ist die Idee nett – „wenn ich am Arsch bin, dann am Liebsten neben deinem“, so die Kernaussage – der nötige Drive fehlt jedoch. Den bringt unter anderem der fieberhafte Opener „Klapp dein Visier hoch, Erika“ mit, ebenso der pointierte „Laptoptrainer“ oder die Monopoly-Weisheit „Schlossallee“. In „Erdbeerfelder für immer“ zitieren Go Go Gazelle die Beatles, nicht nur im Songtitel, und nehmen in „Der große Blender“ eine Gattung Mensch aufs Korn, die wohl jeder kennt.

Eine halbe Stunde Musik ist fast zu wenig, Herz und Hirn verlangen schnell deutlich, deutlich mehr. „Flaschenpost an morgen“ entpuppt sich als von vorne bis hinten gelungenes und nahezu unverschämt sympathisches Werk einer nicht minder sympathischen Band. Etwaige Einflüsse prominenter Kollegen lassen sich nicht von der Hand weisen, tun aber nichts zur Sache: Go Go Gazelle unterhalten und liefern zudem die passende musikalische Steilvorlage für die nächste Tour, die bestimmt irgendwann kommt. Ihr Debütalbum knüpft souverän an die bestechende Form der bisherigen Kleinformate an, ohne Wenn und Aber.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 14.08.2020
Erhältlich über: Gute Laune Entertainment (Membran)

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