Kiwi Jr. – Chopper

Kiwi Jr.
(c) Ben Rayner

Ein weiteres Mal springen Kiwi Jr. in den Pool des verwaschenen, semi-melancholischen Pop-Daseins. Die eingängigen Sensibilitäten der Kanadier treffen auf kantigen Indie Rock und dicken Retro-Lack, so verschmitzt und bunt wie seltsam und befremdlich. Auf „Cooler Returns“, eine wunderbare Reise durch Raum, Zeit und Radiohits, folgt nun „Chopper“, das mit Nachdruck, mit Ecken und Kanten abheben will. Schräge Geschichten und beklemmende Charaktere treffen auf mächtige Harmonien in einer neuen und doch so vertrauten, altbackenen Zeitrechnung.

Wie sich „Night Vision“ von einer retrolastigen Gitarrenmelodie in bestem Strokes-Sinne zu neuen Höchstleistungen tragen lässt, macht richtig Laune. Einen Abklatsch aus der Garage sollte man jedoch nicht erwarten, denn die erfrischenden Synthis mit ihrem Neon-Charme mischten stets an vorderster Front mit und sorgen für eine gewisse Abgründigkeit. Selbst im rasanten, hibbeligen „Downtown Area Blues“ schießen quietschbunte Melodien quer und befeuern die Hektik mit dezent plüschiger Ästhetik. Das mutet zunächst seltsam an, geht aber sofort ins Ohr.

Und eben jene Eingängigkeit liegt Kiwi Jr. besonders. Schon das eröffnende „Unspeakable Things“ brennt sich binnen kürzester Zeit ein. Die Gesangsmelodie gestaltet sich smooth, die locker angeschlagenen Gitarren sorgen für eine spannende Atmosphäre, rundherum wird es bunt. „Contract Killers“ wirkt vergleichsweise frontal und druckvoll, nur um sich nach dem ersten Höhepunkt der Technicolor-Melancholie zurückzulehnen und nach einem Sinn zu suchen. Hingegen widmet sich das finale „The Masked Singer“ wunderbarem XXL-Storytelling, von einer singenden Gitarre durchzogen, narrativ auf höchstem Niveau.

Mit Gusto und Überschwang, dennoch tiefenentspannt und nachdenklich: Kiwi Jr. breiten ihre Figuren im Widerspruch aus, der sofort ins Ohr geht und dort bleibt. „Chopper“ knüpft nahtlos an den bereits unterhaltsamen Vorgänger an, wirft eine Serie an Mini-Hits ab und zieht sich letztlich doch wieder zurück, um die teils bizarren Charaktere dieser Platte in den Mittelpunkt zu rücken. So entsteht ein Streifzug durch eine zeitlose Vergangenheit in der Gegenwart, unorthodox und sympathisch zugleich. Viele Ohrwürmer, treibende Gitarren und spürbarer Spaß am Storyboard machen auch das dritte Album der Kanadier zum kleinen Leckerbissen.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 12.08.2022
Erhältlich über: Sub Pop Records (Cargo Records)

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