Kiwi Jr. – Cooler Returns

Kiwi Jr.
(c) Warren Calbeck

Wie der Name bereits keinesfalls vermuten lässt, kommen Kiwi Jr. aus Kanada und haben mit Neuseeland herzlich wenig am Hut. Macht aber nichts, denn die Musik des Quartetts aus Toronto ist dafür gleichermaßen schmissig und bezaubernd – Indie durch und durch am Scheitelpunkt zwischen vorwitzigem Pop und Rock mit Retro-Attitüde. Nach dem Einstand „Football Money“ griff Sub Pop zu und gab der Band eine Bühne für ihre schroffe und zugleich unverschämt eingängige Auseinandersetzung mit Zeitgeschichte. „Cooler Returns“ kehrt tatsächlich lässig zurück.

Eine der schönsten Perlen dieser Platte lauert bereits an zweiter Stelle, das ein wenig an Sparks erinnernde „Undecided Voters“. In gerade einmal zweieinhalb Minuten tanken sich Kiwi Jr. durch unverständliche Unentschlossenheit und treten aus dem Nichts einen so schlichten wie genialen Refrain los, der sofort hängen bleibt. Für den Titelsong ziehen die Kanadier deutlich tanzbarere Seiten (Saiten?) auf. Sparks-Referenzen mutieren nun zu FFS, das gemeinsame Projekt mit Franz Ferdinand, und rücken die Gitarren in den Mittelpunkt. Treibendes, leidenschaftliches Schrammeln trifft auf ganz viel Spaß rund um den Jahrtausendwechsel.

Zudem lässt sich ein gewisses Faible für The Strokes nicht verleugnen, zumindest für deren ruhigere Momente. Der Chorus von „Nashville Wedding“ nimmt das Tempo komplett heraus und drängt seine Harmonien nach Manhattan, während „Maid Marian’s Toast“ ein paar Gitarren aus den Anfängen der Indie-Welt auspackt. Ja, die Lead klingt tatsächlich nach J Mascis, der übrige Song wirkt dafür herrlich hibbelig. Hingegen taucht das kunterbunt schillernde „Waiting In Line“ tiefer denn je in Pop-Gefilde ein und nimmt sogar leichte 60s-Schlagseite mit, während „Highlights Of 100“ in der zweiten Hälfte nervöse Uptempo-Salven lostritt und von Beach Boys-Ansätzen zu den Vaccines wechselt.

Richtig guter Gitarren-Pop mit rockiger Schlagseite und kräftiger Retro-Note – es kann manchmal so einfach sein. Kiwi Jr. machen klar, woher der kreative Wind weht, zeigen sich zugleich angenehm selbstbewusst und bringen eine gewisse lyrische Schwere als zusätzliche Dimension mit. Die schroffen Dornen von „Cooler Returns“ fahren ganz unerwartet aus und sind gerade deshalb so gut. Nicht alles ist so, wie es scheint, und so torpedieren Kiwi Jr. die harmonische Sicherheit mit kurzweiligem Biss, nur um im nächsten Moment wieder eine kleine Indie-Perle auszupacken. Hier ist der Name ‚Sub Pop‘ tatsächlich sympathisches Programm.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 22.01.2021
Erhältlich über: Sub Pop Records (Cargo Records)

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