Elbow – Audio Vertigo

Elbow
(c) Peter Neill

Wie auch immer ein vorhersehbares Elbow-Album aussehen mag, das Quintett versucht seit einiger Zeit, ein solches nicht aufzunehmen. Für das unter besonderen Umständenen entstandene „Flying Dream 1“ mieteten sie zuletzt sogar ein Theater und setzten auf vergleichsweise ruhige Momente. Der Nachfolger soll nun deutlich direkter und dreckiger ausfallen. Man probte zusammen in kleinen, garagenartigen Zimmern, groovte ordentlich und wählte dafür einen um Welten frontaleren Ansatz. „Audio Vertigo“ fällt somit auch irgendwie aus dem Rahmen und erfüllt doch im besten Sinne sämtliche Erwartungen.

Die Lead-Single „Lovers‘ Leap“ bringt diesen frischen Wind wunderbar auf den Punkt. Verschachtelte Drums, ein lebhafter Basslauf und fieberhafte Tanzbarkeit finden auf hochgradig sympathische Weise zusammen, während sich Guy Garvey aus den Tiefen des Arrangements nach vorne arbeitet und das Geschehen mit wachsender Begeisterung durch den hibbeligen Refrain dirigiert. Davor lauert mit „Things I’ve Been Telling Myself For Years“ ein Leckerbissen. Bonham’sches Drum-Volumen wurde unter anderem als Vorbild für diese Platte genannt, und auch wenn das Schlagzeug nicht so donnert, erinnert die rhythmische Luftigkeit doch im besten Sinne an „When The Levee Breaks“, begleitet von einem verspielten wie beklemmenden Track.

Überhaupt rocken Elbow dieses Mal immer wieder mit wachsender Begeisterung. So auch in „Good Blood Mexico City“, das ohne Frage zu den härtesten und lautesten Liedern der Bandgeschichte zählt und im Hauptteil mit wachsender Begeisterung durch die imaginäre Decke geht. In „Her To The Earth“ geht es wieder zurück auf festen Boden, begleitet von verträumten Melodien und einer feinen Portion Funk, die vor allem in der ersten Hälfte Volltreffer über Volltreffer landet. Das zugleich zwingende und sich in vornehmer Zurückhaltung übende „Knife Fight“ kommt ebenfalls gut, drängt nach vorne und verzichtet auf die letzte Konsequenz. Dort wartet bereits „Balu“ und verlangt förmlich danach, mit wachsender Begeisterung betanzt und zelebriert zu werden.

Vielleicht klingt „Audio Vertigo“ nicht so, wie man sich das gedacht hat, doch ist gerade das so spannend daran. Elbow betonen auf ihrem nunmehr zehnten Studioalbum eine etwas andere Facette ihres Sounds mit wachsender Begeisterung, wagen und gewinnen auf ganzer Linie. Funk, Groove und insgesamt mehr Gitarren bekommen den Briten richtig gut, die Mischung geht ohne Umschweife ins Ohr und klingt dabei doch auf angenehme Weise vertraut. Und auch die Fähigkeit, große Hymnen zu schreiben, leidet darunter nicht: Elbow verpassen sich eine erneute Frischzellenkur und bleiben unstrittig eine der größten, interessantesten Bands der Insel.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 22.03.2024
Erhältlich über: Polydor / Geffen Records (Universal Music)

Website: elbow.co.uk
Facebook: www.facebook.com/Elbow