King Krule – Space Heavy

King Krule
(c) Frank Lebon

Ein Leben zwischen zwei Städten (und Welten) – London und Liverpool – in den Jahren 2020 bis 2022, persönliche Verluste und andere Einschnitte begleiteten Archy Marshall zuletzt. Nach „Man Alive!“, dessen Noir-Abwärtsspirale im besten Sinne erdrückte, finden nun mehrere Strömungen und Stimmungen Einzug in den Sound von King Krule. Gewissermaßen hat „Space Heavy“ etwas von einem Best-of-Album mit neuen Songs, welche das letzte Jahrzehnt musikalisch Revue passieren lassen und doch mutig vorangehen. Komplett ohne frischen Wind geht es allerdings nicht.

Das zeigt sich im angenehm überraschenden „Seaforth“. Ruhige Töne sind im Mikrokosmos von King Krule freilich keine Neuerung, derart freundliche bis melodische Leitmotive kennt man allerdings nicht unbedingt. Wie Marshalls Stimme mit diesem beinahe hoffnungsvollen Arrangement harmoniert, überrascht und begeistert. Diese sanftmütige und doch eindringliche neue Facette ist ein Volltreffer, aber keinesfalls die neue Norm. Selbst vergleichsweise eingängige, reduzierte Nummern wie „If Only It Was Warmth“ verlieren sich lieber in jazzigen Spielereien – ein nahezu kurioser Ausritt, zugleich so unfassbar mitreißend.

In den übrigen Tracks zeigen sich gewohnte Qualitäten. Das laute „Hamburgerphobia“ mit seinen launischen, verschachtelten Drums giftet im besten Sinne, nähert sich Post-Punk-Dissonanzen an und bleibt doch im vorhersehbaren Rahmen. Der Titeltrack überrascht mit einem heiseren Marshall, der sich an punkig-metallischen Screams versucht. Das birgt eine unfreiwillige Komik in sich, passt allerdings prima zum durchdringenden Track. Im schroffen und zugleich butterweichen Opener „Flimsier“ werden die melodischen Texturen von „Seaforth“ hingegen in klassischere King Krule-Klänge eingebettet – etwas jazzig, etwas verworren, stets unfassbar mitreißend.

15 zuweilen verwirrende Leckerbissen später ist diese neue Platte durch. Man mag vielleicht kein Stück weiter sein, den musikalischen Ansatz von King Krule auch nur annähernd zu verstehen, aber das macht eigentlich auch nichts. Ein überraschender Weichzeichner taucht in „Space Heavy“ ab und an auf, wendet sich neuen Ufern zu und zieht doch stur sein eigenes Ding durch – jazzig, punkig, von etatmäßiger Indie-Attitüde durchzogen, vertraut düster und im richtigen Moment fast schon melodisch. Die Serie exquisiter Marshall-Releases setzt sich fort und schafft neue, unvorhersehbare Perlen, von denen man einfach nicht loskommt, ohne auch nur den Hauch von Verschnitt oder Füllmaterial. Was für ein Überwerk.

Wertung: 4,5/5

Erhältlich ab: 09.06.2023
Erhältlich über: XL Recordings / Beggars Group (Indigo)

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