Leatherette – Ritmo Lento

Leatherette
(c) Francesca Basili

Durchatmen, Luft holen, weitermachen: Leatherette hatten sich binnen kürzester Zeit in ihrer neuen Rolle als Indie-Darlings eingelebt. Das italienische Quintett tourte fleißig durch Großbritannien und ganz Europa, spielte diverse Festivals, doch mussten sie irgendwann langsamer machen. Aus exakt dieser Absicht heraus entstand ihr drittes Album und reflektiert dieses Verlangen musikalisch. „Ritmo Lento“, zu Deutsch „langsamer Rhythmus“, wurde erst nach einer kleinen Kunstpause geschrieben, wollte den Fokus wieder auf die Musik an sich richten und zugleich ein gewisses Maß an Veränderung bemühen. Das ist vollumfänglich gelungen.

Songs wie „Lovers Drifters Foreigners“ bringen diese sympathische Eigentümlichkeit auf den Punkt und zeigen zugleich, dass Leatherette nichts von Gemächlichkeit halten. Erst werden Erinnerungen an King Krule wach, dann hebt ein hibbeliger Post-Punker ab und stürzt den Song ins Chaos. Tiefe Basstöne, unerwarteter Geschwindigkeitsrausch und mehrere kleine Einschnitte unterstreichen mehr als sympathische Hektik. Hingegen macht der Titelsong „Ritmo Lento“ seinem Namen alle Ehre, schraubt auf ein Art-Rock-Minimum herunter, nähert sich leicht jazzigen Vibes und deutet sogar ganz kurz Shoegaze an, nur um derlei Anwandlungen sogleich zu verwerfen.

„Situationship“ hat davon schon etwas mehr, ein entschleunigtes Fragment der unbequemen Sorte, auf das „Get Stuck“ noch einen drauflegt. Der kleine Gefühlsausbruch mittendrin kommt gut, die drückende Schwere ebenso. Dass ausgerechnet „Panic Attack“ so jazzig und verspielt klingt, passt natürlich auch ins Bild, während die gelegentlichen Indie-Einschübe vergleichsweise verschmitzt und vorwitzig rüberkommen. An anderer Stelle widmen sich Leatherette ihren „Magic Things“ und holen ein verwegenes Saxofon in das Echomeer – sehr schräg, sehr bekömmlich. Das gilt auch für „Sorry“, erst poppig und anhänglich, dann erstaunlich aufbrausend.

Das hier ist magisch, auf schwer in Worte zu fassende Weise. 32 kauzige Minuten sollten eigentlich nicht derart ins Ohr und unter die Haut gehen, doch gelingt Leatherette letztlich genau das mit ihrem dritten Album. Und das klingt tatsächlich einen Tacken konzentrierter, widmet sich dem Wesentlichen und geht mit beneidenswertem Elan nach vorne. Bevor der erste jazzige Einschub auftaucht. Und die feinsinnige Indie-Melodie. Dann der kauzige Art-Rock-Exkurs. Und schließlich dann doch wieder Post-Punk-Nervosität in rauen Mengen. „Ritmo Lento“ nimmt vielleicht das Tempo häufiger raus und wirkt bei allem Wahnsinn konzentrierter, ist letztlich aber alles außer langsam – erwartungsgemäß eine richtig starke Angelegenheit.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 28.11.2025
Erhältlich über: Bronson Recordings

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