Trent Reznor / Atticus Ross – The Girl With The Dragon Tattoo

The Girl With The Dragon Tattoo

Während die Nachricht, Trent Reznor würde über kurz oder lang seine Nine Inch Nails wieder reaktivieren, für ein großes Rauschen im musikalischen Blätterwald gesorgt hat, gibt es Nachschub am Soundtrack-Markt. Gemeinsam mit Atticus Ross heimste er für den Score zu David Finchers „The Social Network“ – ein Film über die Entstehung des sozialen Netzwerks Facebook – eine Vielzahl an Auszeichnungen ein, unter anderem einen Oscar und einen Golden Globe ein. Auch bei Finchers neuestem Streich „The Girl With The Dragon Tattoo“ (deutscher Titel: „Verblendung“) sind Reznor und Ross erneut mit an Bord mit knapp drei Stunden Musik auf drei CDs.

Auch für die Adaption des ersten Teils der ‚Millennium‘-Trilogie von Stieg Larsson haben Reznor und Ross elektronische Töne zwischen Ambient und Industrial, geprägt von beklemmender, stellenweise verstörender Atmosphäre gewählt, eingerahmt von zwei Cover-Versionen mit Vocals. Gleich zu Beginn steht „Immigrant Song“ von Led Zeppelin mit Gesang von Karen O. Die Yeah Yeah Yeahs-Frontmann kannte das Original nicht und fühlt sich im Industrial-Rock-Umfeld dennoch hörbar wohl. Tatsächlich aber ist hier Ross und Reznor zu applaudieren, die den Spirit des Originals in die Neuzeit gerettet haben mit kratzigem, aggressiven Auftreten. Für das abschließende „Is Your Love Strong Enough?“ wurde das Nebenprojekt How To Destroy Angels der beiden Score-Schreiber ins Studio geholt. Reznors Frau Mariqueen Maandig verleiht dem Bryan Ferry-Track ein neues, gespenstisches Antlitz.

Highlights aus den übrigen 37 Songs herauszupicken, fällt allerdings schwer. Wie auch, wenn selbst bei dieser majestätischen Spielzeit die düsteren, bedrückenden Tracks herrlich ineinander fließen und auch CD-übergreifend Sinn ergeben. Gerade in den längeren Exzerpten knistert und knarzt es geradezu vor Spannung. „With The Flies“ bewegt sich gen Post Rock und Noise mit seiner schnarrenden Gitarre, die einen steten Unruhefaktor darstellt und tatsächlich an das Summen von Fliegen erinnert. „Oraculum“, das Herzstück der letzten CD, versprüht einen gewissen „Metal Gear Solid“-Vibe, gezeichnet von Spannung, stets kurz vor der Eruption stehend. „Under The Midnight Sun“ mit seinen verloren wirkenden Piano illustriert die Düsternis der Nacht, das Nichts, das Nirgendwo, die Orientierungslosigkeit.

Man muss Trent Reznor und Atticus Ross einmal mehr gratulieren, denn nach dem Minimalismus in „The Social Network“ lebt „The Girl With The Dragon Tattoo“ von Dynamik, Laut-Leise-Malerei und beklemmender Noise-Dramatik, die den schwer verdaulichen Filmstoff von Larssons Buch perfekt unterstützt. Es verwundert kaum, dass Reznor und Ross erneut eine Golden Globe-Nominierung in der Tasche haben – es kann nur der Anfang sein für dieses Meisterwerk in punkto Atmosphäre.

VÖ: 13.01.2011
Mute (Goodtogo)

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