ESC 2013: Jetzt ist alles möglich
Nachdem vorgestern das zweite Semifinale des Eurovision Song Contest 2013 ausgetragen wurde, stehen nun alle Finalisten und deren Startreihenfolge für die große Show heute Abend fest. Überraschend ist dabei vor allem, dass der große Fanfavorit San Marino nicht weitergekommen ist, ganz im Gegensatz zu dem Gruselkabinett aus Rumänien. Mit der Entscheidung vom Donnerstagabend ist aber auch der Kreis der Favoriten unüberschaubarer denn je, denn zu den möglichen Siegersongs aus aus Semi Nummer 1 – namentlich Russland, Dänemark und der Ukraine sowie dem dark horse Anouk – haben sich fünf weitere gesellt.
Da wäre zum einem „Waterfall“ aus Georgien, das an anderer Stelle bereits als möglicher Gewinnertitel genannt wurde. Auch wenn der Song in der Halle ein echter Stimmungskiller war, kam er am Bildschirm sehr gut rüber. Wenn Nodi und Sophie bis Samstag noch ihr Nuscheln in den Griff bekommen, könnte es tatsächlich „Tiflis 2014“ heißen. Doch auch die Norwegerin Margaret Berger zählt mit „I Feed You My Love“ nach wie vor zu den Favoriten. Nachdem Europa sie nun ins Finale geschickt hat, dürften auch die Zweifel beseitigt sein, ob der gesamte Kontinent von Ost bis West bereit ist für düsteren Elektropop.
Als größte Überraschung des zweiten Halbfinales kann wohl Island bezeichnet werden. Die Reaktionen des Publikums in der Halle kamen im Fernsehen zwar nicht ansatzweise rüber, doch Eyþór Ingi Gunnlaugsson legte den Auftritt seines Lebens hin und wurde dafür entsprechend belohnt. „Ég á Líf“ zählte lange Zeit nicht zu den Favoriten und wird auch vor Ort nicht wirklich als Gewinner gehandelt. Mit einer ähnlich starken Performance könnte es für Island aber zu mindest für einen der vorderen Plätze reichen. Und einem anderen Teilnehmer dürfte Eyþór ins Handwerk gepfuscht haben: Mit einer zweiten starken Männerballade im Rennen dürften sich die Siegchancen von Italiens Marco Mengoni dramatisch verschlechtert haben.
Aserbaidschan hingegen kann sich nach wie vor Hoffnungen auf den zweiten Sieg innerhalb von drei Jahren machen. In der Fangemeinde vor Ort geht jedenfalls schon das Schreckgespenst um, im kommenden Jahr wieder nach Baku fahren zu müssen. Farid Mammdov hat mit seinem „Hold Me“ und der dazugehörigen kitschig bis homoerotischen Performance einen Platz in den Top 5 fast sicher und in einem Jahrgang ohne eindeutigen Favoriten könnte das tatsächlich auch zum Sieg reichen. Gut für den Eurovision Song Contest wäre das aber nicht, denn dann hätte sich einmal mehr 08/15-Pop, der so nur beim Grand Prix und mit ausreichend finanziellen Mitteln für eine entsprechende Bühnenshow funktionieren kann, durchgesetzt.
Die letztgenannten Attribute treffen hingegen ganz und gar nicht auf Malta zu. Gianlucas „Tomorrow“ ist radiotauglicher Pop, den man sich auch gut auf deutschen Radiosendern vorstellen könnte und der nahtlos an sämtliche Songs von Milow anknüpft. Unter den Journalisten und Fans vor Ort wird Malta schon seit einiger Zeit als heißester Außenseiter-Tipp gehandelt. Bei einem relativ knappen Endergebnis könnte zum Schluss der kleinste gemeinsame Nenner gewinnen. Das wäre im Falle von „Tomorrow“ zwar kein großer Wurf und auch nicht die Neuerfindung des Rads, andererseits aber auch nicht das typische Grand Prix-Liedchen im Stile von Aserbaidschan oder Georgien.
Die Tendenz für Samstag ist jedenfalls klar: Entweder es wird ein Start-Ziel-Sieg für Dänemark oder aber spannend bis zum Schluss. Nicht verschwiegen werden sollte hier zu guter Letzt auch, dass eines der bereits gesetzten Länder ebenfalls zu den Favoriten gehört: Deutschland. Die Proben liefen für Cascada hervorragend, vor Ort wird „Glorious“ von allen Fans geliebt und auch Startplatz 11 mit zwei folgenden langweiligen Songs spricht für eine gute Endplatzierung. Deutschland könnte letztendlich also auch ganz vorne mitmischen. May the best song win.