Flyte – This Is Really Going To Hurt
Liebeslieder und Trennungsalben sind das Yin und Yang der populärmusikalischen Welt. Flyte aus London widmen sich aktuell zweiterem Bereich. Die Indie-Band dokumentiert Will Taylors prägende Trennung durch Trauer und Akzeptanz. Große, charmante Popmelodien und gekonnt eingesetzte Gitarren, dazu drei butterweiche Stimmen und ein Händchen für Radioperlen, die sich einfach nicht abnutzen wollen – „This Is Really Going To Hurt“ tut nur im Titel und den Lyrics weh, ist ansonsten jedoch Balsam für geschundene Airplay-Seelen.
„Losing You“ heißt es an zweiter Stelle, begleitet von nachdenklicher Smoothness und ganz viel Gefühl. Keine Sorge, weder setzt es eine Schmonzette noch einen triefnassen Trauerkloß, sondern ehrliche Trauer und Enttäuschung nebst feinsinnigen, bei aller Schwere federnden Melodien. Die Kehle schnürt sich von selbst zu, spätestens wenn ein paar Tracks weiter die Feststellung „Love Is An Accident“ folgt. Irgendwann ist alles vorbei, Liebe funktioniert so und so nur auf Zeit. Zentnerschwere Lasten ruhen auf den Schultern des ernüchterten Protagonisten.
Will Taylors Trennung ist jedoch nicht der einzige Aufhänger dieser Platte. In „I’ve Got A Girl“ widmen sich Flyte dem Ausstieg von Gründungsmitglied Sam Berridge, der auf dem Debüt noch zu hören war. Zwischen Ermattung und Aufbruchsstimmung präsentiert sich dieser gleichermaßen schwerfällige wie schwungvolle Song und versucht erhobenen Hauptes in die Zukunft zu blicken. Dort wartet bereits „Easy Tiger“ und mahnt zur Vorsicht, begleitet von einem reduzierten Arrangement, das sich immer wieder zurücknimmt, wenn die Euphorie zu groß wird. „There’s A Woman“, stellt das Trio später fest, und nistet sich tief im Pop/Rock-Empfinden der 60s und 70s ein – sympathische Episode.
Flyte machen weiter – nach dem personellen, nach dem menschlichen Rückschlag, nach dem Ende einer Ära, nach dem Mahlstrom der Emotionen. „This Is Really Going To Hurt“ ist ein schonungslos ehrliches Album geworden, zugleich unwahrscheinlich belastend und in seinem verwaschenen Silberstreif am Horizont der sich auflösenden Endgültigkeit durchaus bezaubernd. Das Händchen der Briten für packende Melodie drückt selbst größter Beklemmnis einen halbwegs versöhnlichen Stempel auf. Und das Herz rutscht in die Hose.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 09.04.2021
Erhältlich über: Island Records (Universal Music)
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