Flasher – Love Is Yours

Flasher
(c) Will Matsuda

Plötzlich geschrumpft: „Constant Image“ rückte Flasher aus dem Nichts in den Mittelpunkt des Post-Punk- und Wave-Geschehens. Fast auf den Tag genau vier Jahre später glaubt man stellenweise eine andere Band vor sich zu haben. Das ist gar nicht einmal so falsch, denn nach dem Ausstieg von Bassist Daniel Saperstein entschlossen sich Gitarrist Taylor Mulitz und Schlagzeugerin Emma Baker, als Duo weiterzumachen. Mulitz zog auf die andere Seite der USA, Baker rückte vermehrt ins Zentrum und der Songwriting-Prozess wurde nach eigenen Angaben aufregender, inspirierender. Auf „Love Is Yours“ stellen sich deutlich poppigere Flasher vor, die neue Ufer ansteuern.

Pop ist selbstverständlich relativ zu sehen, denn Flasher lassen keineswegs alles hinter sich. In „I’m Better“ kommt die nervöse Energie des Einstands nach wie vor durch, doch sorgen die beiden Stimmen von Mulitz und Baker für mehr Gemächlichkeit, für sonnige Untertöne, drängen nahezu in Richtung Wave-Charme. Dort wartet bereits „I Saw You“ und lässt die Gitarre singen. Überhaupt wirkt das Saiteninstrument vielerorts wie eine zusätzliche Stimme, spricht mit betonter Lässigkeit und treibt das Geschehen voran. Im Titelsong „Love Is Yours“ steckt sogar ein wenig Sommer-Elan, smooth und tanzbar zugleich ausgelegt.

Am anderen Ende des Albums macht sich Nachdenklichkeit breit. „Dial Up“ ist gefühlsbetont und zugleich melancholisch angehaucht, nimmt ein wenig Grunge-Atmosphäre und transportiert diese in angepoppte Indie-Gefilde. Diese Zwischenwelten lieben Flasher offenkundig, siehe und höre auch „All Day Long“. Hier kollidiert ein leichtfüßiger Ohrwurm mit einer zeitweise missmutigen Gitarre, die mit Math und Noise flirtet. Sie taucht in „Tangerine“ erneut auf, während rundherum wechselnde Stimmungen durchreiten, so blubbernd wie schroff.

Vieles an „Love Is Yours“ sollte eigentlich nicht so prima harmonieren. Kleine Widersprüche begleiten diese 13 Songs und machen daraus eine Glückszahl. Ja, Flasher haben viele Kanten geglättet und konzentrieren sich vor allem auf Atmosphäre, auf Eingängigkeit, auf die emotionale Ebene. Dennoch halten immer wieder etwas schroffere Episoden Einzug und stiften kurzweilige Verwirrung, halten die Platte sogar zusammen. Wundervolle Sollbruchstellen und zeitlose Melodien schaffen gewiss eine musikalisch unerwartete Wendung, doch ergibt diese wunderbaren Sinn. Flasher erfinden sich notgedrungen neu und machen damit alles richtig.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 17.06.2022
Erhältlich über: Domino Records (GoodToGo)

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