Diesel Boy – Gets Old

Diesel Boy
(c) Diesel Boy

Zum ersten Mal seit 2001 (!) präsentieren Diesel Boy ein neues Album. Die Band hatte sich nach dem Release von „Rode Hard And Put Away Wet“ still und heimlich aufgelöst, ein Comeback-Versuch 2011 scheiterte aufgrund der geografischen Distanz, man zog sich erneut ins Privatleben zurück. „Diesel Dave“ Lake und Greg Hensley, die inzwischen beide in Seattle wohnen, verspürten während der Pandemie musikalische Wehmut und beschlossen einen neuen Anlauf, gemeinsam mit den beiden Neuzugängen Chad Philipps und Christopher Thomas. Auf „Gets Old“ setzt es alte Punk-Weisheiten mit Skate-Schlagseite, so wie in den besten Zeiten.

„Lost Decade“ nimmt sich die verlorenen Jahre humorvoll vor, rattert durch das Familienleben, durch versuchte Songwriting-Sessions und die plötzlich im Flug vergangene Zeit. Herrlich hektischer, rasender Punk, begleitet von Lakes rauem Gesang, geht sofort ins Ohr und setzt sich sarkastisch mit dem eigenen Alter auseinander. Danach legt „Dirty Dishes“ beherzt nach, breitet den großen Melodieteppich aus und streut einen hymnischen Refrain ein. „Viking Funeral“ schraubt das Tempo in höchste Höhen und treibt den Song stellenweise vor sich her, bis es erneut eingängig und mitreißend wird.

In „Bismarck“ taucht Kim Warnick von The Fastbacks auf – eine seltene Frauenstimme bei den Boys, die dem poppigen Punksong die nötige Würze verleiht. In „Internet Girl“ fehlt das Tempo über weite Strecken, dafür wähnt man sich in Modem-Zeiten – etwas veraltet, nach all den Jahren aber absolut zu verschmerzen und sympathisch. Das hymnische „Two Stones“ spielt stellenweise mit Power-Balladen-Mustern, kramt ein echtes Gitarrensolo hervor und wird zum Schluss richtig schön cheesy. Auch das hat Methode. „The Turk“ täuscht hier nur an, macht aus dem Wave-Intro jedoch einen angenehm ranzigen Straßenpunker.

Keine echten Überraschungen, sondern einfach ’nur‘ zwölf richtig gute Songs: Diesel Boy machen exakt da weiter, wo sie Anfang des Jahrtausends aufgehört hatten. Zu einem gewissen Grad klingt „Gets Old“ wie aus der Zeit gefallen, doch macht letztlich das den Reiz dieser halben Stunde aus. Die Punk-Veteranen tanken sich durch Vertrautes in neuem Gewand, durch angenehme Selbstironie gekonnt ausgestaltet. Keine Gimmicks, keine abgeschmackte Übertreibung, keine Längen: Diesel Boy melden sich in starker Form zurück und haben sich einen zweiten Frühling absolut verdient.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 28.07.2023
Erhältlich über: SBÄM Records (Broken Silence)

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