Bleach Lab – Lost In A Rush Of Emptiness

Bleach Lab
(c) Polocho

Über mehrere bezaubernde Singles und EPs hinweg etablierten sich Bleach Lab als Institution für feinsinnige Indie-Klänge mit unterschwelliger Melancholie. Das britische Quartett bringt die Erfahrungen aller Mitglieder ein, von Verlustängsten über das Ende von Beziehungen bis hin zu tatsächlichen Todesfällen. Katharsis soll jedoch ausbleiben, stattdessen versucht man den Kopf über Wasser zu halten, während das Leben alles durcheinanderwirbelt. Dieses Gefühl findet sich auf „Lost In A Rush Of Emptiness“, das erste Album der Band, die damit das Gefühl beim Hören furchtbarer Nachrichten beschreibt.

Diese Verzweiflung trägt auch „Never Coming Back“ im Titel, von sanftem Schweben und dichten Texturen begleitet. Bleach Lab haben offenkundig ein Faible für 80s-Gitarrenmusik, sind im Tempo gerne mal der Shoegaze-Fraktion nahe und ziehen doch ihr eigenes Ding durch. Dafür sorgt nicht zuletzt die packende, charakterstarke Stimme von Jenna Kyle, die einem guten Track das gewisse Etwas verleiht. In „Smile For Me“ singt sie über ihre Erfahrungen mit sexueller Belästigung und findet bewegende Worte, die ohne Umwege direkt in die Seele fahren und sich dort einnisten, während das Arrangement gekonnt anschwillt.

Klare lyrische Kante gehört dazu, wie das grandiose Finale „Life Gets Better“ illustriert. Von solchen leeren Worthülsen halten Bleach Lab herzlich wenig und lassen den Siebenminüter für sich stehen. Das konstante zarte Anschwellen, ohne dabei durch die Post-Rock-Decke zu gehen, bewegt. Auch das kurze, prägnante „All Night“ hat seinen Charme. Deutlich mehr Distortion auf der fast schon noisigen Gitarre, die zarten und doch kraftvollen Vocals als Gegenpol – fertig ist der magische Moment. Hingegen mutet „Counting Empties“ nahezu balladesk an, tastet sich zögerlich voran und badet im Verlust.

Das stetige Gefühl, unterzugehen, sich aber letztlich doch mit letzter Kraft an einem existenziellen Strohhalm festzuklammern, umgibt diesen Erstling. Wie Bleach Lab mit ihrem Sound umgehen, beeindruckt. Die schiere Schwere und Dichte der Arrangements, die furiose Energie selbst in stillen Momenten, die feinsinnigen Melodien, die pointierten Texte – „Lost In A Rush Of Emptiness“ ist eine Tour de Force, ein deprimierendes und zugleich erhabenes Happening. Konstantes Leben am Rande des Nervenzusammenbruchs verstört und verzaubert zugleich. Das Londoner Quartett landet einen Nackenschlag nach dem nächsten und liefert im Vorbeigehen ein (alb-)traumhaftes Album für gefestigte Seelen.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 22.09.2023
Erhältlich über: Nettwerk Music Group (Bertus)

Website: www.bleachlab.com
Facebook: www.facebook.com/bleachlab