Between Bodies – Electric Sleep

Between Bodies
(c) Sebastian Igel

Ende 2019 veröffentlichten Between Bodies ihre erste EP, dann versiegten urplötzlich alle weiteren Präsentations- und Gestaltungsmöglichkeiten. Zwischen Dropbox-Ordnern und Zoom-Sessions versuchte sich das Quartett aus Köln, Paderborn und Toronto am gemeinsamen Vorankommen und entwickelte den eigenen, gerne mal angepunkten Emo-Ansatz weiter. „Electric Sheep“, so der Titel des Debütalbums, nimmt den Tod als wesentlichen Leitfaden – vom tatsächlichen Ableben bis zum Ende einer langen Beziehung, geprägt von schwerwiegenden Einschnitten.

Der Großvater von Christoph Schmidt (Gesang, Gitarre), der Ende 2019 starb und einen großen Scherbenhaufen hinterließ, wirft seinen Schatten über die Platte. In „Stronger Than Me“ geht es um Schmidts Mutter, die von einer unehelichen Halbschwester erfuhr und beim Versuch, Kontakt herzustellen, von der eigenen Familie geradezu geschasst wurde. Der schroffe und doch emotional aufgeladene Track prescht mit Karacho nach vorne, im Refrain entlädt sich schließlich alles. Sperrige und doch wohlige Harmonien prallen auf Emo und Punk, die explosive Präsentation erfasst sofort und reißt mit.

Was dieses erste Album so spannend macht, ist dessen Vielschichtigkeit. In „Love Invisible“ bringt bleierne Schwere sogar etwas Post-Hardcore-Wut hervor, rundherum sorgen ruhige, nachdenkliche Momente für semi-balladeske Atmosphäre, die sich trotzdem selbst zerlegt. „Lucifer, I Wanna Be Everything“ eröffnet die Platte fieberhaft, fährt die Ellenbogen aus und findet doch zurück zur Harmonie – nicht zuletzt ein hörbarer Verdienst von Susan Van Beek Rogers (ebenfalls Gesang, Gitarre). Das frontale „Gallows“ nimmt sogar leicht poppige Untertöne mit, gibt sich stellenweise eingängig, und doch brodelt es gewaltig unter der Oberfläche.

Dieses Aufstauen und Aufbrausen der Emotionen führt zu kaskadenartigen Entladungen, aber auch zu feinsinnigen Zwischentönen, die von butterweicher Harmonie über lockeren Pop-Charme bis hin zu Wut, Frust und Verzweiflung reichen. Entsprechend vielschichtig, abwechslungsreich und mitreißend zeigt sich „Electric Sleep“, dieser überaus sympathische Einstand im Albumformat. Between Bodies krallen sich Emo-Klänge der 00er- und frühen 10er-Jahre und drücken diesen ihren eigenen Stempel auf, so kathartisch wie bedrückend, hymnisch wie zerstörerisch. Was ein prächtiger Einstand.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 30.09.2022
Erhältlich über: Krod Records / I.Corrupt.Records (The Orchard)

Between Bodies @ Facebook
„Electric Sleep“ @ Amazon kaufen