Turbostaat – Das Island Manøver

Rascheln im Blätterwald. Major-Label. Beatsteaks-Produzent. Turbostaat als Sellout? Mitnichten, denn das energische „Vormann Leiss“ hat viel mehr die Ausnahmestellung der Flensburger in der deutschen Punkszene untermauert, auch wenn diese vier Buchstaben eher zur groben Orientierung dienen. Nun also „Das Island Manøver“, erneut in Berlin mit Moses Schneider aufgenommen.

Erstmals habe man bewusst an einem Album geschrieben, nicht bloß Song auf Song gebastelt und schließlich auf eine Platte geklatscht, hört man aus dem Turbostaat-Lager. Entsprechend homogen wirkt „Das Island Manøver“, wie aus einem Guss, während seiner 37 Minuten Spielzeit aber doch so wankelmütig. Bloß nicht an der Single „Pennen bei Glufke“ orientieren, denn dieser melodische Bastard mit eingängigem Refrain repräsentiert nur eine von zwölf Facetten einer mannigfaltigen Langrille.

Da wäre der wüste Opener „Kussmaul“ mit deutlichem (Post-)Hardcore-Bezug, das fies verzerrte „Surt und Tyrann“, die Noise-Wall von „Bossbax“. Wo Turbostaat hinwollen? Weiß man nie so sicher, doch die Ankunft an irgendeinem Ziel scheint immer gesichert zu sein. Jan Windmeiers Texte bleiben verworren und diffus, erzeugen – mal klare, mal abstrakte – Bilder von Tristesse und Nordsee, kontakarieren im besten Fall die musikalische Untermalung. Bestes Beispiel: „Urlaub auf Fuhferden“; hypnotisierender, hochmelodischer Refrain mit der Zeile „Wenn der Sommer kommt, erwürg mich im Maisfeld“ – ein Reißnagel im Marmeladenbrötchen.

Während noch „Täufers Modell“ beinahe fröhlich hüpfend über einen Henker, abgeschlagene Köpfe und berufliche Sackgassen philosophiert, während „Fraukes Ende“ den Tod im Watt voraussagt, schockiert „Fünfwürstchengriff“. Tatsächlich lassen sich Turbostaat einen Beat aus der Maschine schneidern. Hit. Und doch typisch Flensburg. Wie „Das Island Manøver“ an sich auch. Klingt nach Turbostaat, atmet den Turbostaat-Geist und ist in Nuancen doch angenehm anders. Wie sie das immer wieder hinkriegen, die Nordlichter.

Wer noch ein paar Euro zusätzlich berappen will, darf sich über eine charmante limitierte Auflage mit Bonus-DVD freuen. Das am 19.12.2008 gegebene Konzert im SO36 zeugt von geladenen Turbostaat und einem treu ergebenen Publikum. Höhepunkt: Die Meute singt jedes einzelne Wort von „Harm Rochel“ mit. Schnitt auf einen schwer beeindruckten Jan Windmeier, von seinen Lippen liest man das Wort „unfassbar“ ab. Ein einfacher Begriff, stellvertretend für das illustre Schaffen dieser Band.

VÖ: 09.04.2010
Same Same But Different (Warner Music)
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