Velvet Two Stripes – No Spell For Moving Water

Velvet Two Stripes
(c) Ladina Bischoff

Bloß zwei fertige Songs, der Rest reine Ideen und Skizzen: So flogen Velvet Two Stripes nach Portland, um dort ihr neues Album aufzunehmen. Und das klappte tatsächlich prima, denn bis Mittag wurde jeweils ein Track fertig geschrieben, nur um diesen nachmittags gemeinsam mit Drummer Joey Harmon auf Band festzuhalten. Binnen zwei Wochen war die Platte fertig, letzte Gesangsspuren wurden bloß Stunden vor dem Rückflug aufgenommen. Die fokussierte Arbeitsweise bekam dem Trio aus St. Gallen hörbar gut, und so wandelten die Schweizerinnen die Frische und Unmittelbarkeit ihrer Musik in einen echten Rock-Befreiungsschlag um. Entsprechend beherzt langt „No Spell For Moving Water“ zu.

Um ins Studio zu gelangen, mussten Velvet Two Stripes täglich eine Brücke überqueren: „Interstate Bridge“ entpuppt sich als ruhiger Song mit einem gewissen Feuer. Nach gemächlichem Rock legt das Trio in der Schlussminute einen imaginären Schalter um und geht mit wachsender Begeisterung durch die etatmäßige Garage-Rock-Decke. Dass es auch ohne derlei Energieleistungen geht, zeigt das stilvolle „Idaho“, das mit klassisch amerikanischen Klängen flirtet, tief in Alternative-Gefilden verankert scheint und bei aller Eingängigkeit eine angenehme Schwere in sich trägt.

Das Faible für flotte, drückende Klänge bleibt selbstverständlich erhalten, siehe und höre das eröffnende „The One“. In aller Kürze reißen die Schweizerinnen alles nieder, schweißtreibende Riffs sorgen für beste Unterhaltung. Dem anschließenden „Fuckboy“ sitzt nicht nur der Schalk im Nacken. Gift und Galle geben den Ton an, der ruhige Einschub überrascht hingegen mit leicht psychedelischer Desert-Note. „Roll The Dice“ klingt größer und roher denn je, deutet kurzweiligen Rock für die große Bühne an und bleibt dennoch angenehm ungeschliffen. Die nahezu spontane Natur dieser Aufnahme-Sessions ist unüberhörbar, und zwar im besten Sinne.

Velvet Two Stripes fangen die Dringlichkeit ihrer beiden Wochen in den USA gekonnt ein und verpassen den neun neuen Tracks angenehme, mitreißende Frische. Viel Energie, noch mehr Rock, aber auch zurückgelehnte bis eingängige, fast schon poppige Momente begleiten „No Spell For Moving Water“, das im besten Sinne größer, vielschichtiger und eindringlicher als seine Vorgänger anmutet. Die drei Schweizerinnen spielen befreit auf, wagen mehr und gewinnen alles – eine von vorne bis hinten höchst unterhaltsame, sympathische Platte, die einmal mehr die große Klasse des Trios unterstreicht.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 06.10.2023
Erhältlich über: Gumption Records

Website: www.velvettwostripes.com
Facebook: www.facebook.com/velvettwostripes