Interview mit Culcha Candela

(c) Culcha Candela

Die siebenköpfige Band aus Berlin konnte mit dem aktuellen Album „Schöne neue Welt“ problemlos an die alten Hamma-Erfolge anknüpfen. Bevor sich die Band demnächst auf den zweiten Teil der aktuellen Tour macht, konnten wir Rapper Itchyban um Rede und Antworten bitten und ihn über die Entwicklung der Band, ihre Produktionen und die Tour befragen.


Eure neue Single heißt „Monsta“ und erscheint am Freitag, den 23. Oktober - wahrscheinlich nicht ganz zufällig eine Woche vor Halloween. Was hältst Du generell von diesem Fest? Tretet Ihr mit der Nummer an Halloween irgendwo live auf?

Ganz ehrlich: vollkommener Zufall! Ich denke jetzt zum ersten Mal darüber nach. Bis gerade wusste ich überhaupt nicht, wann genau Halloween ist. Danke für das Schließen meiner Wissenslücke! (lacht) Wir feiern so etwas nicht; aus Kürbissen machen wir in der Regel lieber Suppe. An Halloween sind wir ausnahmsweise mal in Berlin, also daheim.

Und gleich noch eine Vermutung: Wenn ich mir Euer aktuelles Album „Schöne neue Welt“ anhöre, dann sehe ich „Eiskalt“ und „Somma im Kiez“ in den jeweiligen Jahreszeiten als Singles. Kannst Du mir dazu schon etwas verraten? Und wie frei seid Ihr eigentlich bei der Wahl der Singleauskopplungen?

Interessanter Gedankengang; wir sollten Dich als unseren Marketingberater einstellen! (lacht) Diese Lieder bieten sich tatsächlich als Singles an, weil sie einfach starke Songs sind und wir mit Singles, die im Radio laufen, möglichst viele Menschen erreichen wollen. In der Wahl sind wir völlig frei und auf ein und derselben Seite mit der Plattenfirma. Im Übrigen sind wir seit fünf Jahren glücklich mit unserer Partnerschaft.

Seit Anfang des Jahres gibt es auch ein internationales Album von Euch. Wie wichtig ist Euch das internationale Business? Und gibt es bei den internationalen Versionen trotzdem noch manche deutsche Passagen – schließlich rappt ihr hier auch auf Spanisch…

Im Ausland stattzufinden ist uns ein sehr wichtiges Anliegen. Wir waren dank der Musik schon in vielen Ländern, doch ein Traum von uns ist es zumindest noch alle Ecken der Welt zu bereisen, aus denen unsere Vorfahren stammen. Da fehlen uns noch Korea und Uganda. Sonst können wir ohne Ausnahme sagen, dass unsere Musik überall super ankommt. Ich denke auch, dass die jungen Leute, egal wo sie jetzt herkommen, ähnliche Interessen haben. Es gibt die internationalen Versionen auf den Alben fürs Ausland, aber wenn wir dort Konzerte spielen, dann singen wir die entsprechenden Passagen wieder auf Deutsch und die Leute haben trotzdem Spaß!

Manchmal lohnt es sich aber Eure Texte auch zu verstehen. Der Song „Schöne neue Welt“ überraschte mit kreativen und gleichzeitig kritischen Lyrics. Schreibt ihr Eure Songs nach wie vor ausschließlich selbst? Oder hattet Ihr hier Unterstützung?

Danke, so war das auch geplant. Der Song sollte die Leute volle Kanne überraschen. Wir haben auch noch nie so viel positives Feedback zu irgendeinem Text von uns bekommen. Wir schreiben und produzieren alle Songs fast ausschließlich selbst. Komplette Songs wurden uns auch noch nie angeboten. Schade eigentlich, wäre mal interessant, wie uns andere Leute sehen… (lacht)
Bei den Instrumentals ist es so, dass wir uns die Beatskizzen aus der ganzen Welt holen und sie dann mit verschiedenen Leuten ausproduzieren. Die Beats sind eng an die Melodien und Songkonzepte gebunden, daher sind wir die ganze Zeit involviert. Wir haben bei diesem Album die meisten Sachen mit Krutsch gemacht. Ein krasser Typ! Bei den Texten und Songkonzepten haben wir bei Stellen, wo wir vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr gesehen haben nach Rat und Beistand gefragt. Das betrifft dann aber Textpassagen. Manche Songs stammen auch aus der Feder von einigen wenigen Songkapitänen unter uns. Wir haben aber sowieso noch nie gleichzeitig Songs zu siebt geschrieben, das geht einfach nicht.

Eure neueren Singles seit dem Riesen-Hit „Hamma“ folgen weniger dem ursprünglichen Culcha-Konzept, nämlich der Vermischung verschiedener Sound- und Sprachtypen. Sprachlich sind die Tracks beinahe komplett auf Deutsch und auch die lateinamerikanischen Elemente in der Musik sind kaum noch hörbar. Auf Euren Alben und den Tourneen sind diese dann aber weiterhin fester Bestandteil. Wollt ihr dieses Konzept beibehalten oder wird es demnächst eine Überraschung „back to our roots“ geben? Habt ihr keine Bedenken, dass die „poppigen“ Songs die alten Culcha-Fans langfristig vertreiben?

(c) Culcha CandelaDie Vermischung wird es sowohl auf unseren Alben als auch auf den Touren weiterhin geben. So etwas wie „Schubladendenken“ scheint in Deutschland sehr wichtig zu sein. Wenn wir im Ausland spielen, freuen sich die Leute auch einfach nur unsere Lieder zu hören und machen keine Unterschiede zwischen „neu“, „alt“ und „poppig“. So sollte es sein; die Menschen bei unseren Konzerten sollen sich einfach locker machen und genießen. Ich glaube, die meisten machen das auch. Man kann es nie allen Menschen recht machen. Die sogenannten „alten“ Fans sind uns auch lieb und wichtig aber sie sollten eine Sache begreifen: Wir sind natürlich nicht die selben, wie vor fünf, sechs oder gar sieben Jahren. Doch das Wichtigste machen wir heute noch wie damals: wir mischen verschiedene Stile und machen die Musik, auf die wir Lust haben.

Wie bei der letzten Tour war ich auch diesmal von Eurer Vorband beeindruckt. Der Sound von Mil Santos passte sehr gut als Einstimmung zu Eurer Show und konnte das Publikum sofort überzeugen. Sucht Ihr Euren Support für die Tour selbst aus? Wie seid Ihr auf Mil Santos gekommen?

Ja, wir suchen den Support selbst aus und man muss sagen, dass das immer schwieriger wird. Wir wollen den Leuten ein gutes Vorprogramm bieten, das sie perfekt auf den Abend einstimmt. Es gibt aber nicht mehr so viele interessante Newcomer, die man anfragen könnte und wir gehen ca. zwei Mal im Jahr auf Tour… Mil Santos kam über einen von den Latinos aus der Band; man kennt sich aus Berlin.

Stimmt es, dass auf der letzten Tour ein Altar ein stetiger Begleiter im Backstage-Bereich war? Haltet Ihr vor Eurer Show eine Messe ab, oder habt ihr sonstige Rituale?

Itchy: Das ist geheim… he, he. Wir machen aber keinen religiösen Schnick Schnack vor der Show. Das mit dem Altar stimmt allerdings. Es ist ein Geschenk von Wolfgang Niedecken von der Band BAP, mit denen wir mal einen gemeinsamen Song aufgenommen haben. Wir sammeln darin Souvenirs aus den Gegenden, wo wir auf der Tour hinkommen. Außerdem ist dort auch ein Getränk drin, mit dem wir vor der Show anstoßen.

Apropos Zusammenarbeit mit anderen Gruppen. Auf den letzten beiden Alben gab es keine Kollaborationen mit anderen Bands mehr. Welcher Sänger/Sängerin/Band würde Euch denn noch für eine Zusammenarbeit reizen?

Uff, da gibt es viele. Aber es wird wohl auch in Zukunft nicht dazu kommen, dass wir auf Culcha Candela Alben Leute featuren, da wir sieben sind und uns ja permanent selbst featuren müssen. Bei 
sieben Leuten wären das auch mindestens 49 Feature-Wünsche. (lacht)

Zu Eurer letzten Tour gab es eine Live-DVD mit einer beeindruckenden Dokumentation über Euch als Band. Ich habe selten so ein gutes und liebevoll zusammengestelltes Special auf einer Musik-DVD gesehen. Wer ist für den „Kurzfilm“ verantwortlich? Wird es auch zur „Schöne neue Welt“-Tour eine DVD geben?

Danke, das ist ein schönes Kompliment. Der Journalist Ernst Kramer hat mit unserer Hilfe diese Doku zusammengestellt. Was die DVD zur aktuellen Tour angeht: Das steht noch nicht fest. Wir werden sehen, was die Zukunft bringt.

Von besagtem Report ist mir noch gut in Erinnerung, dass Ihr Euch während der Tour persönlich auf die Suche nach einem Waschsaloon machen musstet, um Eure Outfits zu waschen. Und so sah man sieben Culchas mit ihren Wäschesäcken durch die City ziehen…

(lacht) Ja – aber das gehört zum Glück der Vergangenheit an. Das wäre auch rein zeitlich nicht mehr möglich – ganz abgesehen von dem Tumult, den wir in einer belebten Straße auslösen würden. Wir haben jetzt die nette Frau Karsten dabei, die sich um die Wäsche kümmert. Sie ist nebenbei auch die beste Stylistin, die es gibt!

Ihr seid fleißig auf Twitter unterwegs und unterrichtet Eure Fans beispielsweise live aus dem Studio oder Backstage von der Tour. Gibt es Promis oder Organisationen, deren Ihr verfolgt? Beatblogger.de bietet zum Beispiel einen interessanten Tweet an…

Nein, aufmerksam folgen tun wir nicht wirklich. Aber uns selbst macht das Twittern sehr viel Spaß! Also: Folgt uns!!!

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