Arcade Fire – The Suburbs

Als Lieblinge von Fans, Presse und Stars wie David Bowie stehen Montreals Arcade Fire unter dem Druck einer überlebensgroßen Erwartungshaltung, bedingt durch die beiden Überalben „Funeral“ und „Neon Bible“ und Titel wie ‚Radiohead der 00er-Jahre‘. Vom Bombast haben sich Win Butler, Gattin Régine Chassagne und Konsorten allerdings abgewendet. „The Suburbs“ markiert die Renaissance des Minimalismus, die Erkundung der Schönheit des Moments im Kleinen.

Butler und Konsorten erkundeten ihre Wurzeln, reisten in die Vororte, in denen sie aufgewachsen waren, und nahmen die Tristesse der verschwundenen, abgerissenen Heimat mit auf „The Suburbs“. „It was the loneliest day of my life“ singt Win Butler in „Sprawl I (Flatland)“ über den Tag, an dem er statt seiner vertrauten Nachbarschaft nur verfallene Häuser und fremde Gesichter vorfand. Die Fortsetzung „Sprawl II (Mountains Beyond Mountains)“ mit deutlicher Blondie-Schlagseite behandelt das Verlangen nach Dunkelheit, nach Negativität. Nicht nur in den Lyrics, auch in den deutlich abgespeckten Arrangement scheint dies deutlich zu werden.

Der Titeltrack „The Suburbs“ – gleichzeitig auch die erste Single – ist der Anfangspunkt einer tristen wie faszinierenden Reise durch die Vergangenheit, garniert mit folkiger Schlichtheit und dem gelegentlichen Zwiegesang von Butler und Chassagne – ein kongeniales Duo. Neben allfälligen Überraschungen – „Month Of May“ zitiert die Ramones und die Queens Of The Stone Age, während das fantastische „Half Light II (No Celebration)“ Wave-Pop in Reinkultur zu bieten hat – finden sich im Albumkontext zahlreiche Hits, die wohl in den nächsten Jahren von den bestens bekannten Indie-Stationen exzessiv gespielt werden. Ob das treibende „City With No Children“, das luftig leichte „Modern Man“ oder das todtraurige „Suburban War“ – großes Kino.

Nüchtern betrachtet dürfte „The Suburbs“ maximal durch seinen Sound, nicht aber durch seine Hitdichte überraschen. Es ist dies Arcade Fires zugänglichstes und eigensinnigstes Album zu gleich, ein eingängiges Kunstwerk, das sich erst nach mehreren Durchläufen auch nur annähernd zu erschließen vermag. Jetzt könnten sie sich eigentlich auflösen.

VÖ: 30.07.2010
City Slang (Universal Music)
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