Gazpacho – Missa Atropos

Gazpacho

Wenn Gazpacho ein neues Album veröffentlichen, darf man sich immer auf große Kunst freuen. Was vor gefühlten Jahrzehnten auf MP3.com als Talentprobe begonnen hat, ist längst zur norwegischen Prog-Rock-Institution gereift. „Missa Atropos“ ist das dritte Konzeptalbum hintereinander – mutig, wahnsinnig und doch erneut erschreckend stark in Komposition und Ausführung.

„Missa Atropos“ dreht sich um einen Mann, der sich von seiner Umwelt gänzlich zurück zieht in einen Leuchtturm, um dort die letzte Messe für Atropos (dt. „die Unabwendbare“), eine der drei Schicksalsgöttinnen und zu schreiben. Sie entschied über die Art des Todes und zerschnitt den Lebensfaden mit einer Schere. Schwerer Stoff? Schlägt sich auch auf den Protagonisten nieder, der sich zunächst in einer Art „Defense Mechanism“ zu schützen versucht, bevor er die „Splendid Isolation“ bejubelt und zum Schluss „You’re Going To Die Up Here“ kommt – Fatalismus, Einsiedlertum und Frustation zwischen Glorie und Hades.

Musikalisch schlagen Gazpacho weitestgehend versöhnlichere Töne an und erinnern mehr und mehr an ein Update von Marillion im positivsten Sinne. Das bereits angesprochene „Defense Mechanism“ spielt geschickt mit mehreren Zäsuren und einem kaskadenartig explodierenden Refrain, der sogar ganz entfernt das Grandeur Queens streift. Der Titeltrack „Missa Atropos“ zeigt beispielsweise, wohin die Reise von Muse hingehen könnte – mehr Druck, mehr Piano und sanft sägende Gitarren säumen den Weg. Ebenfalls reizvoll: „Vera“ – siebeneinhalb Minuten mit verhalten klassischem Beginn und einem Hauch von Yes am Höhepunkt.

Ist „Missa Atropos“ nun eine Überraschung, weil es an sich keine ist? Gazpacho gehen auf ihrem dritten Konzeptalbum in Folge ihren Weg mutig weiter und liefern ein weiteres kleines Prog-Meisterwerk, das die Düsternis und Isolation überraschend offen und relativ Moll-fern interpretiert. Gerade diese etwas unorthodoxe und ungewöhnliche Herangehensweise macht allerdings erneut den Reiz aus, weswegen man den Norwegern ein weiteres Mal überaus gerne zu einem absoluten Highlight gratulieren darf.

VÖ: 26.11.2010
HWT Records (Sony Music)

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