Green Sky Accident – Daytime TV

Green Sky Accident
(c) Green Sky Accident

Bislang machten Green Sky Accident vor allem Musik für sich selbst, ohne echten Hintergedanken an ein größeres Publikum, langsam den eigenen Sound erarbeitend. Und dann, heißt es, entstand es so gutes Album, dass man unbedingt mit der Geheimniskrämerei aufhören wollte. Das norwegische Quartett unterschrieb bei Apollon Records und brachte seinen eigenwilligen Indie-Rock-Ansatz in Form. Von Alternative, Prog und Pop begleitet, legt „Daytime TV“ nun eine Punktlandung hin und hievt Green Sky Accident aus dem Stand in den mehr als verdienten Fokus.

Die Magie des eröffnenden „Faded Memories“ erschließt sich in Etappen. Gemächlich bauen Green Sky Accident dichte Atmosphäre auf, nehmen Jangle- und Gaze-Untertöne als sinnstiftendes Beiwerk hinzu und knien sich immer tiefer in diesen ellenlangen Track (einer von vier Sechsminütern) hinein, der in der zweiten Hälfte durch Wucht, durch angedeutete Härte und angeproggte Fanfaren überrascht. Das kurze, knappe, verwaschene „Screams At Night“ deutet Aufbruchsstimmung an, nimmt die britische Rockszene um den Jahrtausendwechsel mit, die sich von Britpop zu distanzieren versuchte, wirkt hochtrabend und doch understated.

Genau das beherrschen die Norweger so gut: Ihre Musik verlangt förmlich nach Übertreibung, doch gibt das Quartett zu keiner Zeit nach – frühe Gazpacho lassen unter anderem grüßen, wenn man in bester Post-Rock-Manier nach dem perfekten Moment sucht und sich in einem voluminösen Crescendo verliert. Ein paar Türen weiter überrascht „In Vain“ mit Doublebass-Action und forschem Indiegaze, so ruppig wie mitreißend. Hingegen erinnern die weichen und zugleich forschen Indie-Texturen im besten Sinn an Spielbergs, während das einfühlsame und suchende „Sensible Scene“ eine Überdosis Herz und Zerrissenheit in sich trägt.

Eigentlich unwahrscheinlich, möchte man meinen, aber tatsächlich vergehen diese 50 Minuten viel zu schnell. Auch das ist die Magie von Green Sky Accident – man verliert sich kinderleicht in ihrer Musik und taucht aufgewühlt, geläutert, bewegt wieder auf. „Daytime TV“ bemüht einiges an Luft zwischen den einzelnen Kapiteln, lässt sich Zeit und Raum, um die Arrangements aufzubauen und diese sacken zu lassen. Diese Zäsuren helfen tatsächlich dem Fluss des Albums, dessen spannende, ungewöhnliche Magie sich schnell ausbreitet und zu keiner Sekunde verleugnen lässt. Unterhaltsamer Ansatz trifft ausladende Sinnsuche: Green Sky Accident debütieren auf faszinierende Weise und sprengen den Indie-Begriff mit hörenswerter Bestimmtheit.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 13.05.2022
Erhältlich über: Apollon Records

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