Casper – Michael X

Casper

Mit ausnahmsweise gerechtfertigtem Hype ins Rennen geschickt, explodierte Casper dieses Jahr förmlich in den Mainstream. Sein Album „XOXO“ hat es an die Spitze der Charts geschafft, die Single „So perfekt“ mit exklusiven B-Seiten bis auf die #14. Als Nachfolger kommt nun der vielleicht nachdenklichste, intensivste, am stärksten berührende Track – ohne B-Seiten, als simpler 1-Track-Download mit geringem Promo-Aufwand. Klingt komisch, ist aber so. Der Qualität von „Michael X“ kann diese etwas fragliche Release-Strategie freilich keinen Schaden zufügen.

Das Arrangement hat auch dieses Mal nur bedingt mit gängigen HipHop-Klängen zu tun – balladesker Anfang mit Piano und Akustik-Gitarre als Gegenpol zu Caspers Reibeisenstimme. Erst im Refrain setzt der Beat ein, Pop/Rock-Sounds machen sich breit. So beseelt und intelligent der Song auch produziert ist, die überaus bewegenden Lyrics liegen im Fokus. Es geht um verlorene Jugend, um ‚No Future‘-Empfinden und eine Gruppe an Freunden, die sich aus den Augen verloren hat. Katalysator dafür ist der verstorbene Kopf, an den sich der Protagonist zurückerinnert. „Und deine Mum hält dein Zimmer wie du’s gelassen hast“ – Depression und Tristesse machen sich breit, während der Wind in den Ästen symbolisieren soll, dass ‚er‘ kurz nach dem Rechten gesehen hat.

Zwischen Requiem und Perspektivenlosigkeit, zwischen wehmütigen Erinnerungen und dem Schmerz der Gegenwart bewegt sich „Michael X“, Caspers vielleicht feinster und persönlichster Text, ein Abschiedslied für einen guten Freund. Am Ende der zweiten Strophe versteckt sich eine Anspielung auf „18:09 Uhr, Mist, verlaufen“ von Turbostaat, die auch im dazugehörigen Video kurz zu sehen sind. Man empfindet dies gleichermaßen als zarte Hommage und Zurückdenken an eine gemeinsame Zeit, das unfreiwillige Umarmen des Scheiterns, den nachdenklichen Blick zurück. „A fond farewell to a friend“, würde wohl Elliott Smith sagen. Man kommt nicht umher, mitzufühlen. Mach’s gut.

4,5/5 | DL-Single
VÖ: 23.09.2011
Four Music (Sony Music)

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