Josefin Öhrn + The Liberation – Horse Dance
Josefin Öhrn + The Liberation gehen auf ihrem Debütalbum auf eine musikalische Reise, die sich den heutzutage inflationär verwendeten Begriff „Psychedelia“ tatsächlich auch verdient hat. Die smarte Schwedin und ihr komponierender Mitstreiter Fredrik Joelson befassen sich mit Philosophie und Ästhetik, spannen den Bogen vom Bildersturm bis zu expressionistischen Abstrahierungen. So trocken, wie sich das liest, ist ihr „Horse Dance“ aber nicht geworden.
Schier endlose Loops, musikalische Sprünge und Überraschungen an jeder Ecke machen diesen Einstand zu einem Erlebnis. „Dunes“ scheint als Opener abschrecken zu wollen: sieben Minuten Spielzeit, Störsignale zu Beginn. Schnell kann sich eine manische Gitarre durchsetzen, die mit Einsetzen Öhrns Stimme in den Hintergrund rückt. Die aggressiven Drums weisen gar eine dezente Industrial-Note auf. Zwischen Gummitwist, avantgardistischen Zwischenspielen und überraschendem Pop-Appeal decken die Schweden in diesem kuriosen wie ansprechenden Aufgalopp so ziemlich alle Facetten ab.
Gelegentlich drohen sie ihre Anhänger zu verlieren. Der Titeltrack „Horse Dance“, ebenfalls mit Überlänge ausgestattet, bewegt sich in experimentellen, tanzbaren Gefilden. Vocal-Samples kollidieren mit einer behäbigen Synthi, einzig im Refrain wird es halbwegs interessant, wenn auch nur kurz. Dann doch lieber „Sunny Afternoon“, diese kleine Verneigung vor 60s-Pop, attackiert von psychedelischen Loops und Entfremdungseffekten. Zum Höhepunkt mutiert schließlich „Take Me Beyond“, das zwischen treibendem Krautrock und kuscheligem Dream-Pop pendelt. Komplex: ja, aber zugleich so unheimlich liebreizend.
Wenn man Josefin Öhrn + The Liberation etwas nicht vorwerfen kann, dann wohl, dass sie es sich oder ihren Hörern einfach machen würden. Tatsächlich ist der kratzbürstige Opener noch eine der eingängigeren Nummern auf „Horse Dance“, das gerade mit seinen etwas seichteren Kraut-Psychedelic-Pop-Exkursen im Mittelteil das Nervenkostüm unnötig strapaziert – und leider nicht im Guten. Dennoch, die Klangerfahrung und so manch krude Mischung aus Eingängigkeit und Experimentierdrang machen das Debüt dieser schwedischen Band zu einem kleinen Faszinosum, zu einer herrlichen Kuriosität mit dezentem Suchtfaktor.
Horse Dance
VÖ: 06.11.2015
Rocket Recordings (Cargo Records)
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