Plug And Pray – Evergreens

Plug And Pray

Mit seinen offenen Strukturen und wilden Improvisationen setzt Jazz seit Jahrzehnten immer wieder neue Maßstäbe hinsichtlich Experimentalität und Musikalität. Das Übersetzen in elektronische Gefilde ist sicherlich nichts Neues, wurde aber nur selten so gezielt und gekonnt zelebriert wie vom Franzosen Benoît Delbecq und dem gebürtigen Belgier Jozef Dumoulin. Als Plug And Pray mengen die beiden Pianisten Beats und Synths unter ihre narrativ beflügelnden Fender-Rhodes-Ausflüge. „Evergreens“ ist ihr Debütalbum.

Der Name täuscht: „Evergreens“ besteht ausschließlich aus Eigenkompositionen, die jedoch, wenn es nach Delbecq und Dumoulin geht, irgendwann zu Evergreens werden sollen. Auf faszinierend avantgardistische Weise taucht das Duo in die verschiedensten musikalischen Bereiche ein. Ein „Slow Stopper“, die erste Single-Auskopplung, zieht beispielsweise herrlich schroffe Synths und verschachtelte Beats auf, die das Arrangement wie TripHop-Gebilde erzittern lassen und einen Hauch urbanes Flair mitbringen. Im direkten Anschluss bemüht sich „Le Moulin Du Ruisseau“ um minimalistische Simplizität, von den beiden Pianos ist nur wenig zu hören.

Natürlich geht es auch eine Spur traditioneller, wie in „Cortex Rewired“. Nach und nach entsteigen die Tasteninstrumente dem Nebel, von dezent vertrackter Elektronik gekonnt unterstützt. Wieder eine Tür weiter, nimmt „Sonate Pour Un Printemps Meilleur“ durchaus klassische Züge an, während da nicht die gelegentlichen lauten Anschläge, die ein loses Beat-Konzept andeuten. Stark auch „The Zorro Bus“, eine Art Afterhour-Exkurs mit gespenstischer Stimmung, oder das gewaltige Herzstück „Singapore Rhapsody“, das in neun Minuten beide Welten in beeindruckender Perfektion zusammenführt und einfach nicht mehr loslassen will.

Komplexer, aber verdammt genialer Stoff: „Evergreens“ ist eine dieser Platten, die fest zupacken und nicht mehr loslassen. Bärenstark und faszinierend von vorne bis hinten, fließen die Songs gekonnt ineinander, getragen von cleveren Improvisationen, feinsinnigem Verständnis für das eigene Instrument und anspruchsvollen wie hypnotisierenden Electro-Ausflüge der gar überlebensgroßen Schule. Anders gesagt: Plug And Pray debütieren mit der sicherlich besten Jazz-/Avantgarde-Platte des Jahres.

Plug And Pray - Evergreens

Evergreens
VÖ: 08.12.2017
Bureau Du Son (Broken Silence)

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