Hachiku – I’ll Probably Be Asleep

Hachiku
(c) Marcelle Bradbeer

Reisende soll man nicht aufhalten, bloß ab und an ins Studio locken. Die in Michigan geborene und später in einem Kölner Vorort lebende Anika Ostendorf ging als Londoner Biologie-Studentin für ein Austauschjahr nach Australien. In Melbourne fand sie sich als Teil von Milk! Records in der lokalen Musik-Community wieder, stellte nach der Rückkehr nach Großbritannien ihre akademische Karriere zurück und ging wieder nach Down Under. Dort spielte sie mit Courtney Barnett, supportete José González und lebt nun mit ihrer Partnerin zusammen. Ein bewegtes Leben mit gerade einmal Mitte 20, das nun um ein weiteres Kapitel reicher ist: Als Hachiku veröffentlicht Ostendorf ihr erstes Album „I’ll Probably Be Asleep“.

Musikalisch, wie schon auf ihrer ersten EP, weiterhin in weitestgehend verträumten Pop-Gefilden mit Indie-Schlagseite verankert, zeigen sich die Lyrics etwas düsterer als zuletzt. Da wäre beispielsweise „Bridging Visa B“ über das Warten und Hoffen auf eine Aufenthaltsgenehmigung, um mit der Partnerin zusammenleben zu können. Dem Arrangement hört man das nur bedingt an. Obwohl der Track eine Spur gitarrenlastiger ausfällt, wirkt die leichte Zerrissenheit dennoch beschwingt und unterhaltsam. Die federnde Schwere von „Shark Attack“ – solche Widersprüche tauchen wiederholt auf – arbeitet sich an Tod und Verlust ab, begleitet von angenehm fragilen, zugleich treibenden Melodieteppichen.

Etwas angenehm Eigentümliches umweht diese acht Songs, und „You’ll Probably Think This Song Is About You“ bildet da keine Auswahl. Anderweltlicher Charme, butterweiche Sinnsuche und verkappte 80s-Referenzen geben sich die Klinke in die Hand. Etwas später wickelt sich „A Portrait Of The Artist As A Young Woman“ in charmanten Minimalismus ein, der im Laufe der gut vier Minuten etwas lauter, überdrehter und zugespitzer wird. Der eröffnende Titelsong nimmt hingegen die Gitarre wieder etwas öfter zur Hand und federt durch verspielte Schwere. Auch das hat Methode.

Als Wandlerin zwischen den Welten holt Ostendorf das echte Leben in die Unwirklichkeit der Traumwelt, verknüpft Entfremdung und Sehnsucht mit Erdigkeit und Leichtigkeit. Und dann noch „I’ll Probably Be Asleep“ als Titel drüber – eine mehr als runde Sache. Die EP war bereits gut, auf Albumlänge macht Hachiku so richtig Laune. Acht kurzweilige und zugleich komplett eigentümliche Songperlen zwischen Komplexität und befreitem Aufatmen suchen nach dem einen, einzigen Wundermoment. Davon gibt es gleich mehrere – tolles Debüt einer spannenden Künstlerin.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 13.11.2020
Erhältlich über: Milk! Records / Marathon Artists Records (Rough Trade)

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