Tusq – Rarities & Outtakes

Tusq
(c) Tusq

Ein absolutes Mistjahr erwischt auch Tusq eiskalt. Das große Jubiläum – zehn Jahre „Patience Camp“ – fiel ins Wasser bzw. Desinfektionsmittel. Wie lässt sich der starke Einstand der nunmehr komplett in Berlin ansässigen Band feiern? Neben einer sympathischen Live-Session, die bereits im Sommer erschienen war, kramte das Quartett ordentlich im Archiv. Sieben Studio-Aufnahmen, ein Remix und zwei Live-Performances landen auf der Compilation „Rarities & Outtakes“. Von Ausschussware oder gar Resterampe kann hier keine Rede sein.

„Clocks Quit Ticking“ war beispielsweise für das Debütalbum gedacht, die Stimmung des Tracks passte aber nicht so recht zur Platte an sich. Überwiegend ruhige, minimalistische Töne begleiten diesen Exkurs, es geht zunächst einmal um das stete Hinarbeiten auf den erhofften Höhepunkt. Und ja, kaum setzt dieser ein, wird der Song immer lauter und wilder, bevor schroffe, wütende Distortion-Wände das Geschehen erfassen. Auch „Watching Myself“ hätte auf dem Einstand landen können. Der Vocoder-Einsatz im Refrain ist kurios, rundherum stampfen Tusq laut auf und überraschen mit einem Hauch von Post Rock im Abgang. Kann man so machen, unterhält gewaltig.

Längst sind die Berliner schon einige Türen weiter. Der verhältnismäßig geschliffene Opener „I Have Asked The Byrds“ hat das Zeug zum Ohrwurm und schillert kunterbunt, von treibenden, durchaus fieberhaften Klängen begleitet. Hingegen regiert in „Continential Drift“ kerniges, leicht melancholisches Understatement mit britischer Ausprägung, das schließlich doch wieder die harmonischen Kurve kriegt – eine tolle Angelegenheit. Bärenstark und kurzweilig: „Fortune“ in einer schmissigen Live-Version, 2011 in São Paulo eingespielt. Hier schießt die Spielfreude aus jeder Pore.

Ein paar frische Akzente, viel Vertrautes und spannende Erweiterungen der bisherigen drei Alben: Tusq liefern selbst mit ihren Outtakes gewaltig ab. Teils angenehm rohe Perlen und ein paar beigelegte, ebenso kurzweilige Raritäten unterhalten, nicht mehr und nicht weniger. Insgesamt geht es auf „Rarities & Outtakes“ etwas lauter und ruppiger zu, gewiss der ungeschliffenen Natur mancher Studio-Aufnahme geschuldet. Tatsächlich macht dies mit den Reiz dieser bärenstarken Compilation aus – eine faustdicke Überraschung und eigentlich nur konsequent, wenn man sich die drei bisherigen, exzellenten Alben vor Augen führt.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 13.11.2020
Erhältlich über: Oktober Promotion (Soulfood Music)

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