Hollie Cook – Happy Hour

Hollie Cook
(c) Fabrice Bourgelle

Großbritannien liebt ‚Lovers Rock‘, eine besonders eingängige, poppige und harmonische Form von Reggae, die seit den 1970ern die Insel zu begeistern weiß. In diese Kerbe schlägt Hollie Cook. Sie tourte bereits als Teenager mit den Punk-Legenden The Slits, veröffentlichte Dub-Platten und wirft seit 2011 immer wieder sympathische Solowerke ab. Für ihre neuestes Werk brauchte sie etwas mehr Zeit, schrieb trotz erzwungener Distanzierung mit ihrer Band und erfüllte sich endlich den Wunsch gemeinsamer Musik, frei von Produzenteneinflüssen. „Happy Hour“ hat im besten Sinne das Zeug zum ganz großen Wurf.

Wie sich der eröffnende Titelsong in aller gebotenen Lässigkeit in diese Platte hangelt, bereitet schier unbändige Freude. Cooks butterweiche und doch eindringliche Stimme bleibt unerreicht, das fluffige Reggae-Arrangement bemüht sich um Understatement und rückt stattdessen Pop-Sensibilitäten in dem Mittelpunkt. Der wundersame Fluss des Fünfminüters brennt sich sofort ein. Auch das gemeinsam mit Jah9 eingespielte „Kush Kween“ bemüht sich um frühlingshafte Auflockerung. Die zusätzlichen Verse fügen sich nahtlos in das bestens gelaunte Arrangement ein, rundherum blüht die Künstlerin auf.

In „Praying“ arbeitet sich Hollie Cook hingegen durch ein traumatisches Ergebnis aus ihrem engsten Freundeskreis und stiftet heilende Wirkung, was übrigens für weite Teile der Platte gilt. Der 70s-Einfluss tritt deutlich hervor, die beseelten Backings lassen genüsslich mitschwingen. Hingegen wirkt „Full Moon Baby“ fast schon direkt, holt sich die dezentesten Dub-Einflüsse ins Boot und bemüht einen Hauch Dringlichkeit. Die etatmäßige Leichtfüßigkeit bleibt erhalten und tritt in „Love In The Dark“ auf besonders zeitlose Weise hervor. Ein gewisses Chill- und After-Hour-Flair lässt sich nicht verhehlen, schnell findet man sich in neuen Welten wieder.

Selbst in ernsten Momenten lässt sich ein gewisser Zen-Effekt nicht von der Hand weisen. Hollie Cook arbeitet sich an Emotionen und an Zwischenmenschlichem ab, während die gefühlte stoische Ruhe, ja sogar eine Art Optimismus zumindest musikalisch stetig durchkommt. „Happy Hour“ trägt dies bereits im Titel und ist tatsächlich exakt das, was sich Cook wünschte: eine Bandplatte, ein wunderbares Werk der Gemeinsamkeiten, dessen fließende Zeitlosigkeit zwischen Retro-Sphären und dem omnipräsenten Hier und Jetzt ein hoffnungsvolles wie eindringliches Plätzchen findet. Diese Platte sollte gewiss mehr als nur einen Sommer gleißend hell strahlen.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 24.06.2022
Erhältlich über: Merge Records (Cargo Records)

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