Sweet Teeth – High Anxiety

Sweet Teeth
(c) Sweet Teeth

Ein Volltreffer jagte den nächsten, als Sweet Teeth im Sommer 2021 mit ihrer ersten EP auftauchten. „Acid Rain“ war ein Power-Pop-Fest für Fans von Hüsker Dü und Dinosaur Jr. Trotz aller Widrigkeiten konnten die Schweden ein paar Gigs spielen und fanden zwischendurch noch Zeit für ein erstes komplettes Album. „High Anxiety“ nimmt alles mit, was auf dem Kleinformat funktionierte, und fügt der Angelegenheit einen doppelten lyrischen Boden zwischen Angstzuständen und Möglichkeiten, mit diesen umzugehen, hinzu. Das gelingt gar wunderbar.

Mit forscher Wucht preschen Sweet Teeth voran. Der eröffnende Titelsong dauert keine zwei Minuten, startet in media res und reißt einfach mal sämtliche Mauern mit brachialer, zugleich melodischer Präzision nieder. Gewisse Punk- und Hardcore-Wurzeln der beteiligten Musiker lassen sich nicht verleugnen, ebenso wenig die starken Hooks, die schließlich in das deutlich gemächlichere, ähnlich eindringliche „Love Panic“ führen. Das Tempo sackt ab, die Gitarren stehen sich gegenseitig im Weg, die etatmäßig nölenden Vocals treiben kuriose Blüten … und doch gestaltet sich der befremdliche Mix überaus harmonisch, ja sogar eingängig.

Immer wieder liefern die Schweden kurze, wütende Spitzen. „Break My Heart Again“ wandelt am Scheideweg zum Grunge und grantelt vor allem in den ersten Sekunden richtig schön, während „No Me“ den Punk gepachtet hat und diesen mit melodischen Anwandlungen kreuzt. Und doch finden Sweet Teeth immer wieder zum kernigen Midtempo-Bereich zurück, der ihnen so wunderbar liegt. „Compared To You“ ist einer ihrer besten Songs, von steter Spannung und zugleich meditativer Ruhe durchzogen, ein weiterer feiner Widerspruch. Hingegen schlägt „Wasted“ einen vergleichsweise direkten Beat an und nimmt sich doch vornehm zurück. Die noisigen Untertöne gehören irgendwie dazu.

Hinter der Fassade brodelt es unaufhörlich. Das unfassbare Niveau von „Acid Rain“ können Sweet Teeth zwar nicht ganz halten, spielen aber auch auf Albumlänge weit vorne mit. „High Anxiety“ erweitert den Klangkosmos ein wenig, wirkt zugleich bedrohlicher und entspannter, wagt sich in gleich mehrere Richtungen vor, ohne dabei den dominanten 90s-Einschlag zu verleugnen. Mehr Punk, mehr Midtempo, mehr Melodie – einfach mehr von allem bäumt sich in dieser halben Stunde auf. Auch ohne großes Aha-Moment gelingt den Schweden eine weitere starke Platte, die auf baldige Live-Auftritte in diesen Breitengraden hoffen lässt.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 14.10.2022
Erhältlich über: Lövely Records

Sweet Teeth @ Facebook
„High Anxiety“ @ Bandcamp kaufen