De Staat – Red, Yellow, Blue
Drei Primärfarben brechen das gängige Albumformat auf. Während den Lockdowns experimentierten De Staat mit verschiedenen Releasemöglichkeiten und entschlossen sich letztlich dazu, drei EPs bzw. Songzyklen zu basteln, nach den drei Primärfarben benannt. Die roten Tracks sind eher aggressiv und ruppig, auf der gelben Seite wird es beschwingt und tanzbar, während im blauen Umfeld melodische Introspektive dominiert. Nach dem häppchenweisen Release über zig Monate stellt das Quintett diese Sammlung nun fertig und veröffentlicht sie zugleich als CD- und Vinyl-Sammelbox. „Red, Yellow, Blue“ holt alle 15 Exkurse unter ein Dach.
Besagter roter Abschnitt geht im besten Sinne an die Substanz. „Look At Me“ eröffnet diesen Dreier-Release betont schrill, von schneidenden Synthis und wütenden Vocals durchzogen – näher denn je an Soulwax. Das wunderbar quengelige „Paying Attention“ dreht komplett am Rad, zieht direkt auf die Tanzfläche und ist doch unfassbar brachial. Die eigentliche Dancefloor-Farbe ist Gelb und wird von „Who’s Gonna Be The GOAT?“ gebührend eingeleitet – eine wunderbare Verbindung zum ersten Teil. Auch „Bombti“ ist schrill, wuchtig, in manchen Passagen Rave-kompatibel. Klar, das erwartet man von den Niederländern vielleicht nicht, passt aber irgendwie.
Schließlich drängt „Numbers Up“, der gelbe Abschluss, diesen Ansatz in nahezu konventionelle Gefilde. Cameo trifft auf die Talking Heads, die Synthie taucht noch tiefer in die 80er Jahre ein und fühlt sich dort hörbar wohl. Kaum hat man es sich hier gemütlich gemacht, schimmert blaue Melancholie durch. „Running Backwards Into The Future“ ist einer der besten De Staat-Tracks der letzten Jahre, zurückgenommen und doch dynamisch mit einem Beat, der sich zurücklehnt und alles passieren lässt, dennoch die Zügel fest in den Händen hält. Auch „What Goes, Let Go“ ist ein kleines Meisterwerk geworden, nahezu beseelt und intim.
Musikalischer Einheitsbrei war ohnehin nie die Sache von De Staat, doch treiben sie es mit dieser Zusammenstellung auf die Spitze. „Red, Yellow, Blue“ rückt die Gitarren mehr denn je in den Hintergrund und wagt allerlei Experimente, die fast durch die Bank aufgehen. Mehr noch, jede EP hat ihren ureigenen Charakter, der für sich funktioniert und zugleich prima mit dem übrigen Material harmoniert. Die besten Tracks finden sich zwar in der blauen Nachdenklichkeit mit zwei möglichen Klassikern, doch hat diese Sammlung viele kleine Perlen und Rohdiamanten im Gepäck, welche symbolisch für die Qualitäten des Quintetts stehen. De Staat bleiben ungekrönte Könige der kreativen Song-Gewalt.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 02.06.2023
Erhältlich über: Virgin Music (Universal Music)
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