Boy & Bear – Tripping Over Time

Boy & Bear
(c) Casey Moore

In ihrer australischen Heimat zählen Boy & Bear mittlerweile zum Inventar. Mit ihren bisherigen fünf Alben ging es jeweils in die Top 10, zudem erfreut sich ihr folkiger, bekömmlicher Sound speziell live großer Beliebtheit. Eben jene Serie soll sich nun fortsetzen. Um das besondere Bühnenerlebnis einzufangen, wurden alle Songs live eingespielt, zudem durfte es das eine oder andere Experiment geben. „Tripping Over Time“ bemüht sich darum, das Leben so zu nehmen, wie es ist, mit all seinen schönen und weniger schönen Seiten, voller Charme und Chaos, reich an Widersprüchen und Überraschungen.

Ohrwürmer hat diese Platte in Hülle und Fülle, darunter das überaus sympathische „Where Does Life Begin“. Wo alles tatsächlich losgeht, bleibt letztlich offen, doch kann der fließende Übergang von zurückgenommenem Understatement zu einem bunten, poppigen und durchaus flippigen Indie-Song sofort mitreißen. Das hat mindestens so viel Radiocharme wie Indie-Widerhäkchen. Einen ähnlichen Spagat wagt „Love Has Been Good To Me“, das ein wenig bei 80s-Soft-Rock andockt und in einem Meer an Gefühlen nach der Rettungsboje sucht. Etwas mehr Pfeffer wäre bestimmt kein Fehler gewesen, sympathisch ist der Track allemal.

Gewohnt energisch gibt sich hingegen „Vertigo“, schlägt die bestens bekannte Brücke zwischen Indie und Folk, dehnt zugleich sein Leitmotiv minutenlang aus und fließt einfach nur vor sich hin. Statt Refrain setzt es ein tief ins Arrangement eingebettetes Solo. Die zarte Melancholie von „All These Years“ bereitet vom Feeling her ein gutes Gefühl, verträumt und doch mindestens so kraftvoll wie „Thunder“, dessen lockere Präsentation sofort ins Ohr geht. Dort lauert bereits der fieberhafte Opener „Tripping Over Time“, der grandiose Titelsong mit gefühlt drei Melodien gleichzeitig, die letztlich prima zusammenfinden – wie auch die flotte Widersprüchlichkeit von „Roses“.

Im Grunde bemühen sich Boy & Bear darum, an ihre bisherigen Platten anzuknüpfen, und verbinden das mit wohldosiertem frischen Wind. Kleinere Experimente, gerade durch dezenten 80s-Einschlag, kommen gut, gewinnen aber keinesfalls Überhand. Und so bleiben es die zart folkigen Ohrwürmer, die seit dem ersten Album mitreißen, die auch auf „Tripping Over Time“ dominieren. Die Australier schaffen einmal mehr hoffnungsvolle und doch ehrliche Wohlfühlkost, nicht immer einfach, manchmal nachdenklich, doch stets bewegend. Die Mundwinkel gehen automatisch nach oben – Musik für eine bessere Zukunft.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 12.12.2025
Erhältlich über: V2 Records (Bertus)

Website: www.boyandbear.com
Facebook: www.facebook.com/boyandbear