Jason Isbell And The 400 Unit – Weathervanes

Jason Isbell And The 400 Unit
(c) Danny Clinch

Kommt Zeit, kommt Weisheit, befindet Jason Isbell, und richtet auf der neuesten gemeinsamen Platte mit seiner Band The 400 Unit den Blick zugleich nach innen und nach außen. Es geht um das Leben im Erwachsenenalter, um das Erkennen, Setzen und Respektieren von Grenzen, um die Aufs und Abs des Alltags. Nachdem die letzten Alben – mit Ausnahme der spontanen Georgia-Tribute-Platte – durch die Bank in den amerikanischen Top 10 landeten, könnte sich diese Serie mit dem vielschichtigen „Weathervanes“ ganz locker fortsetzen.

Zu Beginn wartet mit „Death Wish“ erst einmal eine kleine Überraschung, denn die sich vermehrt an- und einschleichende Düsternis bemüht eine spannende neue Facette, beklemmend und zugleich so konkret wie nie. Das äußert sich ebenso in der Musik, die mit dem feinsten Hauch von Post Punk überrascht – sehr ungewöhnlich, sehr gut. Viel typischer ist da schon „Cast Iron Skillet“, für das man die Klänge der Südstaaten bedient, zugleich jedoch das Schlimmste dieser Region zerlegt und dabei versucht, den Grundstein für eine schönere, hoffnungsvollere Zukunft zu legen. In Verbindung mit dem sanftmütig fließenden Storytelling entsteht pure Magie.

Natürlich ist es damit noch lange nicht getan, denn diese Platte hat unheimlich viele Gesichter zu bieten. Die beiden überlangen Tracks am Schluss bleiben sofort hängen. „This Ain’t It“ spielt mit Classic-Rock-Vibes, wobei die letzten Minuten zur gewaltigen, energiegeladenen Jam-Session ausarten – ein gelungener Versuch, das Live-Erlebnis einzufangen. Auch „Miles“ marschiert durch schier endlose Klangwelten, mutet zeitweise fast schon proggig an und stimmt im Finale eine überdimensionale Hymne an. Im Vergleich dazu rockt „When We Were Close“ kompakt und direkt, was Isbell mindestens so gut zu Gesicht steht wie die Country- und Blues-Einflüsse von „King Of Oklahoma“, einer weiteren Storytelling-Meisterleistung.

Dass es bei einer vollen Stunde Musik keinen nennenswerten Durchhänger zu beobachten gibt, spricht definitiv für diese Platte. „Weathervanes“ denkt den Isbell-Sound angenehm weiter, lässt ein paar frische Ideen einfließen und fühlt sich zudem in etablierten Gefilden mehr als wohl. Große und größere Rock-Songs, folkige Americana-Weisheiten und obligatorische (Alternative-)Country-Konzepte denken die intime Auseinandersetzung mit dem eigenen Leben, dem Älterwerden und dem sich verändernden Umfeld geschickt weiter, voller Herz und Leidenschaft. Gemeinsam mit seiner 400 Unit behält er die starke Form bei und liefert einen weiteren Leckerbissen, der direkt in Herz und Seele übergeht.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 09.06.2023
Erhältlich über: Southeastern Records / Thirty Tigers (Membran)

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