Schiller – Atemlos Live
Schiller-Fans haben es wirklich nicht leicht. Beim Release eines neuen Albums von Christopher von Deylen müssen sie sich regelmäßig zwischen unzähligen Editionen mit unterschiedlichen Ausstattungen entscheiden. Auch die diesjährige „Atemlos“-Ära macht da keine Ausnahme. Gerade erst erschien mit „Atemlos Live“ wieder der obligatorische Tour-Rückblick – als DVD, Blu-ray, Audio-CD oder streng limitiertes „Lichtblick“-Deluxepaket. Wer die Wahl hat…
Vorweg: Die beatblogger.de-Review bezieht sich ausschließlich auf die vorliegende „Atemlos Live“-DVD, die die Höhepunkte des Konzerts in der Hamburger 02 World (24. Mai 2010) zeigt. Von Deylen, wie gewohnt am Synthesizer, und seine fünfköpfige Liveband starten mit einer instrumentalen Fassung des Albumtracks „Playing With Madness“, gefolgt vom dynamischen „Soho“ und dem entspannten „Tiefblau“. Eine beeindruckende Lightshow setzt dabei nicht nur den sphärischen Ambient-Pop-Sound perfekt in Szene, sondern lässt auch die rund 8000 Zuschauer in die stimmungsvolle Welt von Schiller eintauchen. Der Auftakt ist gelungen, keine Frage.
Seit jeher sind es jedoch vor allem die Gastvokalisten, die Schillers Konzerte zu einem besonderen Erlebnis machen. Die indonesisch-stämmige Anggun, in ihrer Wahlheimat Frankreich seit Jahren eine feste Größe, betritt als erste Sängerin die Bühne. Dank ihrer professionellen Bühnenpräsenz überspielt sie sogar, dass der Song „Blind“ eher zu den schwächeren auf „Atemlos“ gehört. Spätestens aber mit ihrer zuckersüßen Ansage „Mein Name ist Anggun, ich bin Indonesierin und ich spreche keine Deutsch“ ist das Eis endgültig gebrochen. Auch der neue Titel „Innocent Lies“ und die gefühlvolle Ballade „Always You“, vor kurzem als Single ausgekoppelt, gefallen.
Kim Sanders ist dagegen schon seit dem Nr. 1-Album „Weltreise“ ein unverzichtbarer Bestandteil der Schiller-Crew ist und erweist sich nach wie vor als Fanliebling. Bei „Under My Skin“ geht ihre tiefe Soulstimme unter die Haut, doch erst mit der Hymne „Let Me Love You“ und ihrer gewohnt charmanten Art reißt sie die Menge mit. Die dritte Sängerin im Bunde ist Kate Havnevik aus Norwegen. Auf den ersten Blick wirkt sie noch unscheinbar, fast ein wenig bieder, insbesondere im Vergleich zu Anggun und Sanders. Doch auch sie ist stimmlich sehr souverän und hat mit „Don’t Go“ sowie dem düster-fesselnden „The Fire“ nicht zuletzt zwei starke Tracks in petto.
Kristallklare Synthi-Klänge, kombiniert mit analogen Instrumenten, ziehen einen dann bei Titeln wie „Polarstern“ oder „Himmelblau“ in den Bann. Logischerweise dominieren die Stücke des aktuellen Longplayers, doch zwischendurch gibt es wie immer einige Schiller-Klassiker zu hören, schließlich sind „Ruhe“, „Ein schöner Tag“ und „Das Glockenspiel“ auch nach über zehn Jahren noch für eine Gänsehaut gut. Und selbst die Zugaben halten noch die eine oder andere Überraschung bereit: 80er Jahre-Legende Midge Ure (Ultravox) performt seinen Song „Let It Rise“, bevor Mia Bergström aus Schweden ihre Vocalversion von „Playing With Madness“ zum Besten gibt.
Dass ausgerechnet Nadia Alis Auftritt mit „Try“ – immerhin die Leadsingle von „Atemlos“ – fehlt, ist hingegen eine herbe Enttäuschung. Selbst wenn laut Christopher von Deylen technische Probleme schuld waren – irgendetwas fehlt. Insbesondere zum Schluss, wenn sich alle Musiker (einschließlich Nadia Ali) vor die begeisterten Fans stellen, macht sich ein fader Beigeschmack bemerkbar. Philip Glasers Kurzfilm „Ten More“ entschädigt kaum. Zwar gelingt es ihm, die Backstage-Stimmung einzufangen, ansonsten bleibt er leider recht gehaltlos. Wer mehr Zusatzmaterial sehen möchte, muss also doch zur Super Deluxe Edition „Lichtblick“ mit zwei DVDs und einer CD mit neun brandneuen Schiller-Titeln greifen. Trotzdem ist auch die „Atemlos Live“-DVD mit ihrem ausgesprochen klang- und bildgewaltigen Konzert definitiv einen Kauf wert!
VÖ: 26.11.2010
Sleepingroom/Island (Universal Music)
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